Abu Dhabi. Vereinigte Arabische Emirate. Roger Taillibert ist einer der Membranbau-Pioniere. Zu seinen ersten Erfolgen zählt ein wandelbares Dach für das Palm Beach Casino an der Croisette in Cannes. Er hatte es 1965 gemeinsam mit Frei Otto entwickelt, einem der wichtigsten deutschen Architekten des 20. Jahrhunderts. Das umfassende Werk Tailliberts zeichnet sich vor allem durch Sportstätten aus leichten Textilien oder gewagten Schalenkonstruktionen aus. Allen voran seine kontrovers diskutierten Bauten für die Olympiade 1976 im kanadischen Montréal. Für Abu Dhabi schuf der Betonkünstler eine der prägnantesten Anlagen der Halbinsel: den Armed Forces Officers Club & Hotel. Der Betonschalenbau wird in der internationalen Architekturdebatte leider häufig übersehen. Zu unrecht, wie unsere Fotostrecke zeigt.
Expressiv, ornamental, geradlinig oder fließend
Ein Lichtregen von Jean Nouvel (Louvre), ein Schimmerwesen von Asymptote (Yas Viceroy Hotel), ein Bienenwabenturm von AHR Global (Al Bahr Towers): Abu Dhabi hat im vergangenen Jahrzehnt architektonisch neue Maßstäbe gesetzt. Es lohnt aber auch ein Blick in die etwas ältere noch junge Architekturgeschichte der emiratischen Hauptstadt, geprägt durch expressive, ornamentale, geradlinige oder fließende Formen. Besondere Betonbauten prägen das Bild der Wüstenstadt. Am südlichen Rand der Insel unweit der weiß strahlenden Sheikh Zayed Moschee von Yousef Abdelki und Halcrow entwarf der Pariser Architekt Roger Taillibert 1997 den legendären Armed Forces Officers Club & Hotel. Inspirieren ließ er sich von den leichten Zeltstrukturen der Beduinenkultur und schuf damit eines der prägnantesten Bauwerke der Hauptstadt. Wie die Schwingen eines Falken, dem Wappentier des Landes, spannen drei gewaltige Betonschalen über den zentralen Baukörper der Anlage. Die eigentlich mit Polyurethan beschichteten Dachflächen erhielten 2006 ein goldschimmerndes Metall-Upgrade inklusive Dämmung. Unter den Schalen stapeln sich streng symmetrisch Lobbybereiche, Restaurants und Cafés, Fitnesscenter (übrigens das größte der Stadt), Wellnessbereiche, Schwimmbad, Theater, Bankett- und Konferenzflächen. Manche Bereiche fließen frei ineinander und geben dem Betonhimmel reichlich Raum. Immer wieder stößt man auf kleine Nischen, Terrassen und Inseln für informelle Gespräche. Alles scheint im Fluss. Edler Carrara-Marmor kontrastiert mit warmen Textilien, knallgrünen Pflanzen und Wasserspielen, die den traditionellen Falaj (Bewässerungssysteme) nachempfunden sind. Den wertvollen Naturstein soll der ehemalige Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate in Berlin, Jumaa Mubarak Al Junaibi, als damals Projektverantwortlicher noch höchstpersönlich in den apuanischen Alpen ausgewählt haben.
Zwei geschwungene Seitenflügel, die gemeinsam einen aufgesprengten Kreis bilden, schließen beidseitig an den Schalenbau an. Sie formen einen kreisrunden, teils begrünten Innenhof, der sich im Süden zum Wasser hin öffnet. Wenn es die Jahreszeit erlaubt, finden hier wechselnde Veranstaltungen statt. Besonders bemerkenswert sind aber die inneren Achsen der gebogenen Gebäudeteile. Helle Laubengänge führen beidseitig zu den 600 Gästezimmern und Suiten. 142 Pflanzenarten, verwandeln die hoch aufragenden Lobbys in einen saftig grünen, innenliegenden Garten. Kein Wunder, das die Fünfsterne-Anlage von der "British Association of Landscape Industries" 2002 mit dem "BALI Landscape Award" ausgezeichnet wurde. Im wunderbaren Kontrast dazu stehen hier die schweren Holz- und Ledermöbel, die mit gemustertem Textil bespannten Wände und verschiedenfarbige Marmi. In den kommenden Jahren sollen das etwas in die Jahre gekommene Mobiliar ersetzt und die Räumlichkeiten aufwendig erneuert werden. Auch der Außenraum erhält ein Facelift. Noch mehr Grün, Erweiterungsbauten und endlich einen eigenen Strand. Aber gerade das Zusammenspiel der zeitlosen Architektur mit seiner flachen, weitläufigen Umgebung, den etwas aus der Zeit gefallenen Möbel und Oberflächen verleihen der Anlage den unvergleichlichen "Wüste meets Eero Saarinen-Charme". Wer den noch unverfälscht erleben will, sollte sich beeilen. Mit etwas Glück erhält man sogar eine Führung durch die schwungvollen Hallen des Betonfalken.
"This project ist the result of the vision of Late His Highness Sheikh Zayed Bin Sultan Al Nayan, President of the United Arab Emirates ... To establish this Landmark involved a great deal of effort and many resources and I therefore commend the work of all those responsible for turning this vision into a reality and for making the Officers Club an Oasis for social, recreational and cultural activities."
HH Sheikh Mohammed Bin Zayed Al Nahyan in 1997, then the Chief of Staff of the Armed Forces of the United Arab Emirates