Mleiha Archaeological Center: Die Mutter des Feuers – Architektur in Sharjah
Sharjah. Vereinigte Arabische Emirate. Die Vereinigten Arabischen Emirate sind reich an archäologischen Schätzen, die bis in die frühe Bronzezeit reichen. Eine der größten Stätten der vorislamischen Ära wurde bereits vor Jahrzehnten nahe der Siedlung Mleiha im Emirat Sharjah entdeckt. In diesem Jahr ist nun das sanft geschwungene Mleiha Archaeological Center von der Dubaier Architektin Sumaya Dabbagh eröffnet worden – ein zurückgenommener Bau in einer prachtvollen Wüstenlandschaft.
Der Boden ist rot gefärbt. Die Bäume sind struppig. Raues Gestein bricht wie der gewaltige Kamm eines Reptils durch den Wüstensand. Rund um die Felsformation Fossil Rock wird seit Jahrzehnten gründlich gegraben. Die ersten Grabungen führte ein irakisches Team bereits 1973 durch. Von 1985 bis 1999 übernahmen französische Experten. Mittlerweile koordiniert ein lokales Team des "Directorate of Antiquities of Sharjah" die weiteren Erkundungen. Zu den außergewöhnlichen Funden zählen Begräbnisstätten und monumentale Bauwerke ebenso wie Schriften, Handwerkskunst und Schmuckstücke. Eine eindrucksvolle Rekonstruktion eines hier entdeckten Hügelgrabs ist in Sharjahs Archäologischem Museum zu sehen. In dem Bauwerk wurde ein Mann zusammen mit seinem Pferd und aufwendigem Goldschmuck beigesetzt. Schon damals erfuhr das Huftier eine besondere Wertschätzung in der Region. Sharjah gilt als das kulturelle Herz der Vereinigten Arabischen Emirate. Nicht weniger als zwei Dutzend Museen, zahlreiche Galerien und Kunststätten gibt es im drittgrößten Emirat. Maßgebliche Projekte entstanden unter Beteiligung des staatlichen Projektentwicklers Shurooq und des hoheitlichen Ruler of Sharjah's Office. Seine Hoheit Dr. Scheich Sultan Bin Mohammed Al Qasimi ist selbst Historiker und betreibt seit vielen Jahren eine engagierte Politik zur Bewahrung des reichen Architektur- und Archäologieerbes. Mit der Eröffnung des Mleiha Archaeological Centers wird nun die herausragende Bedeutung des Ortes sichtbar.
"A nation without a past is a nation without a present or a future."
Scheich Zayed Bin Sultan Al Nahyan, Gründer und erster Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate
In einem sanften Bogen legt sich das neue Archäologische Zentrum um die Grabstätte der Umm an-Nar (bedeutet: Mutter des Feuers). Der schlichte Bestattungsbau fügt sich aus passend gestapelten Steinplatten und einfachen Reliefs rund zusammen. Dabbaghs Entwurfsabsicht war es, das Grab für die Besucher als Hauptattraktion erlebbar zu machen. Dabei zielt die programmatische Gestaltung des Gebäudes auf drei Schlüsselerfahrungen: den sanften Abstieg zum Grab, den Aufstieg zum Dach und die Ausstellung selbst. Mission gelungen. Die Anlage scheint beinahe mit der Landschaft zu verschmelzen. Die Sandsteinmauern wirken teilweise, wie vom Wüstensand begraben. Die Besucher werden über leicht geschwungene Wandscheiben in den Empfangsbereich geleitet. In einem kleinen Innenhof im Zentrum des Foyers steht ein Ghaf-Baum. Die in dieser Region häufig anzutreffende Pflanze wurde während der Bauarbeiten behutsam geschützt. Die Positionierung des Gebäudes reagiert damit auch auf die wertvolle Naturhistorie des Ortes. Über einen kleinen Ausstellungsraum und einen schlichten Shop gelangen die Besucher in das Café. Vor dessen gläserner Fassade weitet sich der Blick auf die Grabungsstätte und die prächtige Naturlandschaft. Mit dem neuen Mleiha Archaeological Centre ist Sumaya Dabbagh ein Bau gelungen, der sich selbst zurück nimmt. Ihre leise Architektur bleibt im Hintergrund. Sie gibt dem historischen Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart genügend Raum. Das Grabmal der Umm an-Nar steht dabei im umkreisten Zentrum.
"The design of the Mleiha Archaeological Center intends to keep the tomb as the main attraction for the visitor and allow the experience of the visit to unfold."
"The copper material itself echoes the memory of the ancient site of copper workshops that once existed in this area."
Sumaya Dabbagh
Der Architekturführer Vereinigte Arabische Emirate von Hendrik Bohle und Jan Dimog widmet dem Mleiha Archaeological Center und der Architektin Sumaya Dabbagh ein mehrseitiges Spezial. Es ist die erste Publikation im deutschsprachigen Raum, der die zeitgenössische Architektur und alte Baukultur aller sieben Emirate thematisiert. Der Berliner Verlag DOM publishers, wo auch der Architekturführer Istanbul von Hendrik Bohle und Jan Dimog erschienen ist, ist auch diesmal der Herausgeber. Das Buch mit 540 Seiten kommt im August 2016 in den Handel.
Mleiha Archaeological and Eco-tourism Introduction