Alpinarchitektur im Ötztal, Nr. 3:
Top Mountain X-Cross Point – Alte Ladies am Pass
Featured Bauwerk : Schon seit Jahren kaufen die Hoteliers und Seilbahnunternehmer Alban und Attila Scheiber weltweit Motorräder an. Beinahe unbemerkt ist daraus eine der bedeutendsten Sammlungen Österreichs entstanden. Dazu zählen Modelle von über 70 Herstellern, darunter Raritäten wie eine Harley-Davidson von 1914, eine Zweizylinder-Indian von 1912 oder eine Brough Superior von 1939, die der legendäre Konstrukteur noch selbst gefahren haben soll. Mythen passen gut zur Familien-Dynastie der Scheibers. Die "Herren des Hochtals" hatten hier bereits in den 1960ern eine handvoll Skilifte und ein Hotel errichtet. Großvater Angelus und Vater Alban Schreiber senior, ein früherer Profi-Rennfahrer, brachten den Tourismus und den Motorsport nach Tirol. Die besagte Passstraße befindet sich schon seit Jahren im Besitz der Familie.
Mit dem Bau des Museums sind die "alten Ladies" der Scheibers nun auch öffentlich zu bestaunen. Auf 3.000 Quadratmetern zeigt die sehr gut kuratierte Sammlung historische Motorräder vergangener Epochen, einige legendäre Autos, wie einen Ferrari Californian Spider, einen Porsche Speedster oder den Lotus 23 B und drollige Traktoren. Alle Exponate werden detailliert beschrieben. Gegliedert ist die Ausstellung übersichtlich nach Ländern und Marken und davon gibt es reichlich. Damit es nicht nur bei einem Besuch bleibt, soll es zukünftig Wechselausstellungen geben. In kleinen Filmen kommen auch Legenden wie der mit 15 WM-Titeln erfolgreichste Fahrer der Motorradgeschichte Giacomo "Ago" Agostini zu Wort. Wie er sind alle restlos begeistert.
Die Formensprache des Hauses ist zeitlos und traditionell zugleich. Elegant schwingt der hölzerne Bau über die Straße, bildet das Dach der Mautstation und kragt über das Tal hinaus. Im Inneren führt ein Brückenschlag über die Seilbahnstation zum Themen-Restaurant mit Sonnenterrasse. Während die im Fluß zu scheinende Fassade größtenteils horizontal gegliedert ist, erinnert die Ansicht des Restaurants eher an die regional typischen Satteldächer der alpinen Berghütten. Auch im Inneren ist alles Holz. Hirschgeweihe hängen an den Wänden, Motorräder schweben in der Luft, ein Kamin knistert und aus den Lautsprechern rocken Bon Jovi, Nickelback und Axl Rose. Gastronomie und Kirchenkarbahn wurden bereits im November 2015 eröffnet. Die Einseil-Umlaufbahn ist selbstverständlich mit modernster Antriebstechnik ausgestattet. Pro Stunde können etwa 2.400 Personen befördert werden. Damit die Gäste schnell wieder auf Temperatur kommen, sind die 10er-Gondeln mit beheizten Sitzen ausgestattet. Die neue Talstation erschließt als nun fünfter Einstiegspunkt die attraktiven Hänge und Terrains des "Diamanten der Alpen". Scheibers Skigebiet Obergurgl/Hochgurgl zählt schon seit Jahren zu einem der renommiertesten des Landes. Mit dem neuen Top Mountain X-Cross Point wird das auch erst einmal so bleiben.
Die Mautstation ist zugleich der Auftakt der "Timmelsjoch Erfahrung". Seit 2010 bremsen die fünf begehbaren Objekte des südtiroler Architekten Werner Tscholl motorisierte Reisende auf der Passstraße aus. Die Aussichtsskulpturen sollen sensibilisieren. Die Stationen Steg, Schmuggler, Fernrohr und Granat informieren über die enge Verbindung beider Staaten, den transnationalen Naturraum und deren gemeinsame Kulturgeschichte. Je zwei Attraktionen befinden sich auf der österreichischen Seite, zwei weitere auf der italienischen. Am höchsten Punkt des Passes, auf 2.509 Metern, befindet sich das Passmuseum. Der "Findling" ragt ganze sechzehn Meter grenzüberschreitend von Tirol nach Südtirol. Im Inneren gleicht der steinförmige Bau einer Gletscherhöhle.
Top Mountain X-Cross Point
Adresse: Timmelsjochstrasse 8, 6456 Hochgurgl, Österreich
Lage (Google Earth)
Breite 6.909583°, Länge 11.053133°
Top Mountain X-Cross Point Motorradmuseum
Geöffnet von Mitte bis Ende April, täglich von 9–18 Uhr, von Anfang Juni bis Mitte Oktober täglich von 8–19.30 Uhr, Eintritt 10€ pro Person (Ermäßigungen für Gruppen und Inhaber der Ötztal Card bzw. Ötztal Premium Card)
Timmelsjoch
Der Grenzpass verbindet seit 1919 das österreichische Bundesland Tirol mit der italienischen Provinz Südtirol. Auf einer Höhe von 2.474 Metern ist er Österreichs höchstgelegener Straßengrenzübergang. Er trennt die Ötztaler Alpen von den Stubaier Alben und liegt im Bereich der europäischen Wasserscheide. Während die deutschsprachige Bezeichnung auf das spätromanische Wort "tömbl" (kleiner Hügel) zurückzuführen ist, bedeutet die etwas jüngere italienische Bezeichnung "Passo del Rombo" in etwa "Pass des Donners".
Timmelsjoch-Passmuseum
Geöffnet von Mitte Mai bis Mitte Oktober, täglich 8–20 Uhr, Eintritt frei
Michael Brötz
Österreichischer Architekt, Designer und Künstler mit Sitz in Hall in Tirol.
Werner Tscholl
Geboren 1955 in Latsch. Italienischer Architekt aus Südtirol. Tscholl studierte an der Universität Florenz Architektur. Für seine Projekte (Adaptierungen historischer Bausubstanzen, Wohnhaus- und Gewerbebauten) wurde er mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Premio Architettura Città di Oderzo und dem Dedalo Minosse International Prize.