Alpinarchitektur im Ötztal, Nr. 3: Top Mountain X-Cross Point: Alte Ladies am Pass – Architektur in Ötztal
Ötztal. Österreich. Hoch oben über dem Öztal wurde 2016 ein Erlebniskonzentrat eröffnet. Mit dem Top Mountain X-Cross Point am Hochgurgler Alpenpass haben die Touristik-Twins Alban und Attila Scheiber ihre Leidenschaften nicht nur gekonnt miteinander verbunden, sondern gleich mal entsprechend in Szene gesetzt. Vor alpiner Kulisse treten Kradsport und Skifahren in einen außergewöhnlich schwungvollen Dialog.
Schon seit Jahren kaufen die Hoteliers und Seilbahnunternehmer Alban und Attila Scheiber weltweit Motorräder an. Beinahe unbemerkt ist daraus eine der bedeutendsten Sammlungen Österreichs entstanden. Dazu zählen Modelle von über 70 Herstellern, darunter Raritäten wie eine Harley-Davidson von 1914, eine Zweizylinder-Indian von 1912 oder eine Brough Superior von 1939, die der legendäre Konstrukteur noch selbst gefahren haben soll. Mythen passen gut zur Familien-Dynastie der Scheibers. Die "Herren des Hochtals" hatten hier bereits in den 1960ern eine handvoll Skilifte und ein Hotel errichtet. Großvater Angelus und Vater Alban Schreiber senior, ein früherer Profi-Rennfahrer, brachten den Tourismus und den Motorsport nach Tirol. Die besagte Passstraße befindet sich schon seit Jahren im Besitz der Familie.
"Früher sind wir schnell gefahren, heute eher Genussfahrer."
Attila Scheiber
Mit dem Bau des Museums sind die "alten Ladies" der Scheibers nun auch öffentlich zu bestaunen. Auf 3.000 Quadratmetern zeigt die sehr gut kuratierte Sammlung historische Motorräder vergangener Epochen, einige legendäre Autos, wie einen Ferrari Californian Spider, einen Porsche Speedster oder den Lotus 23 B und drollige Traktoren. Alle Exponate werden detailliert beschrieben. Gegliedert ist die Ausstellung übersichtlich nach Ländern und Marken und davon gibt es reichlich. Damit es nicht nur bei einem Besuch bleibt, soll es zukünftig Wechselausstellungen geben. In kleinen Filmen kommen auch Legenden wie der mit 15 WM-Titeln erfolgreichste Fahrer der Motorradgeschichte Giacomo "Ago" Agostini zu Wort. Wie er sind alle restlos begeistert.
"Bei der optischen Erscheinung dieses Gebäudes war mir trotz der Größe des Bauvorhabens sehr wichtig, dass es sich gut in die Umgebung integriert."
Michael Brötz, Architekt
Die Formensprache des Hauses ist zeitlos und traditionell zugleich. Elegant schwingt der hölzerne Bau über die Straße, bildet das Dach der Mautstation und kragt über das Tal hinaus. Im Inneren führt ein Brückenschlag über die Seilbahnstation zum Themen-Restaurant mit Sonnenterrasse. Während die im Fluß zu scheinende Fassade größtenteils horizontal gegliedert ist, erinnert die Ansicht des Restaurants eher an die regional typischen Satteldächer der alpinen Berghütten. Auch im Inneren ist alles Holz. Hirschgeweihe hängen an den Wänden, Motorräder schweben in der Luft, ein Kamin knistert und aus den Lautsprechern rocken Bon Jovi, Nickelback und Axl Rose. Gastronomie und Kirchenkarbahn wurden bereits im November 2015 eröffnet. Die Einseil-Umlaufbahn ist selbstverständlich mit modernster Antriebstechnik ausgestattet. Pro Stunde können etwa 2.400 Personen befördert werden. Damit die Gäste schnell wieder auf Temperatur kommen, sind die 10er-Gondeln mit beheizten Sitzen ausgestattet. Die neue Talstation erschließt als nun fünfter Einstiegspunkt die attraktiven Hänge und Terrains des "Diamanten der Alpen". Scheibers Skigebiet Obergurgl/Hochgurgl zählt schon seit Jahren zu einem der renommiertesten des Landes. Mit dem neuen Top Mountain X-Cross Point wird das auch erst einmal so bleiben.
Die Mautstation ist zugleich der Auftakt der "Timmelsjoch Erfahrung". Seit 2010 bremsen die fünf begehbaren Objekte des südtiroler Architekten Werner Tscholl motorisierte Reisende auf der Passstraße aus. Die Aussichtsskulpturen sollen sensibilisieren. Die Stationen Steg, Schmuggler, Fernrohr und Granat informieren über die enge Verbindung beider Staaten, den transnationalen Naturraum und deren gemeinsame Kulturgeschichte. Je zwei Attraktionen befinden sich auf der österreichischen Seite, zwei weitere auf der italienischen. Am höchsten Punkt des Passes, auf 2.509 Metern, befindet sich das Passmuseum. Der "Findling" ragt ganze sechzehn Meter grenzüberschreitend von Tirol nach Südtirol. Im Inneren gleicht der steinförmige Bau einer Gletscherhöhle.