MAAT – Museu de Arte, Arquitetura e Tecnologia – Der Wogenbau
Blob? Auster? Welle? Für den eleganten Neubau des MAAT – Museu de Arte, Arquitetura e Tecnologia vom britischen Büro AV_A unter der Leitung der Architektin Amanda Levete gibt es viele Spitznamen. Wir hatten Gelegenheit wenige Wochen nach der Eröffnung den Bau von innen zu erkunden, darunter auch Räume und Säle, die noch dem Publikum noch nicht zugänglich waren.
Weich und hart, lyrisch und straff zugleich wölbt sich der Neubau des Museu de Arte, Arquitetura e Tecnologia, kurz MAAT, entlang des Tejo. Für einen kurzen Moment scheint der Bau den Lebensfluss der portugiesischen Hauptstadt zu begleiten, nur um sich selbst genug zu sein. Eigenständig zu sein ohne das Singulär-Geprotze oder in eine deplacierte Peinlichkeitsfalle zu tappen, ist eine Leistung, die AV_A an dieser Stelle souverän und gekonnt gelungen ist. Auftraggeber war die private Kulturstiftung MAAT des Energiekonzerns Energias de Portugal, einer der größten Energieversorger Europas, der außerhalb seines Stammsitzes in Lissabon auch in Spanien, Frankreich, Polen und weiteren Ländern präsent ist. Zum Entwurfsprozess des Neubaus erklärt Amanda Levete im Gespräch mit der Zeitung fundação der Kulturstiftung, dass es zwei Hauptgedanken gab: die Verbindung und der öffentliche Platz. "Wir wollten den Komplex an das Flussufer anschließen und es gleichzeitig in einen öffentlichen Raum verwandeln, so dass hier die Menschen zusammenkommen und es in Besitz nehmen können."
Das tun sie enthusiastisch, erklärt Filipa Sanchez, die Pressesprecherin des MAAT. Zum Einweihungswochenende seien mehrere zehntausend Besucher gekommen. Die Lissabonner hätten den Neubau förmlich umarmt, so Sanchez, durch den sie uns führt. Auch an diesem herbstlich-diesigen Freitagnachmittag strömen viele MAATisten gen Muschel und Hai (weitere Assoziationen und Kosenamen). Zwischen vielbefahrener Avenida Brasilia und dem E-Werk "Tejo Central", dem alten Hauptgebäude des MAAT-Komplexes liegt und schwebt die "New Kunsthalle", so die offizielle Bezeichnung, als Geste und Einladung zugleich. Das Tejo Central ist als ziegelrotes Industriedenkmal ein kantiger Kontrast zum organischen Levete-Wesen. Zusammen formt das Ensemble nun das MAAT. Die neue Kunsthalle ist größtenteils unterhalb der Erde. Strahlend weiße und dreidimensionale Fliesen hüllen das Gebäude ein und sind eine Referenz an die portugiesische Handwerkstradition. Innen wie außen ist beinah jeder Bereich zugänglich. Alles ist im Fluss. Im Innenraum werden die Besucher förmlich in die Oval Gallery hineingezogen. Dort ist die interaktive Installation Pynchon Park der gefeierten französischen Künstlerin Dominique Gonzales-Foerster. Sanchez zeigt uns einzelne Ausstellungsräume und Säle, die erst im Frühjahr 2017 offiziell eröffnet werden. Auch hier im Kern bleibt der Eindruck eines in sich ruhenden Harmoniebaus, der innen das hält, was er außen verspricht. Fehlt nur noch der direkte Anschluss an die umliegenden Stadtquartiere, um den Komplex endgültig einzubinden. Aber daran wird gearbeitet. Der Woge fühlen sich viele Hauptstädter bereits jetzt verbunden.
MAAT – Museu de Arte, Arquitetura e Tecnologia
Museum of Art, Architecture and Technology. Adresse: Av. Brasília, Central Tejo, 1300-598 Lisboa. Telefon: (+351) 210 028 130. Mail: maat@edp.pt. Öffnungszeiten 12 bis 20 Uhr, dienstags geschlossen. Eintritt: 5 Euro für alle Ausstellungen mit Ermäßigungen für Studenten, Senioren und Gruppen ab 10 Personen. Weitere Angaben: siehe Website.
Amanda Levete
Die Architektin wurde 1955 in Bridgend, Wales, Großbritannien, geboren. Sie studierte an der Londoner Architectural Association School of Architecture und arbeitete nach ihrem Abschluss bei Architekten wie Alsop & Lyall und YRM Associates. 1989–2008 war sie Partnerin in dem von ihrem späteren Ehemann Jan Kaplický gegründeten Architekturbüro Future Systems. 2009 gründete sie ihre eigene Firma AL_A.
AL_A
Ein preisgekröntes Architekturbüro, das 2009 von RIBA Stirling Preisträgerin Amanda Levete gegründet wurde. Sie und ihre drei Partner Ho-Yin Ng, Alice Dietsch und Maximiliano Arrocet leiten das international tätige Büro. 2011 gewannen sie den Wettbewerb zur Erweiterung des Victoria & Albert Museum in London, das 2017 fertiggestellt werden soll. Das Projekt wird die größte Erweiterung des Hauses in den letzten 100 Jahren. Weitere Projekte sind der Umbau des Galerie Lafayette Haussmann Flagship Stores in Paris, die Projektentwicklung Central Embassy in Bangkok sowie Vorhaben in Southampton und Moskau.
THE LINK Tipp
Os Pastéis da Cândida – Gegenüber des Tejo Centrals hat die Betreiberin Marta Lindas ihren Foodtruck aufgebaut und bietet genau die richtige Stärkung für die Museumsbesuche an: z. B. Pastéis de Massa Tenra de Carne und Empada de Galinha. Was das ist? Beraten lassen, ausprobieren und sich an den selbstgemachten Leckereien erfreuen. Und das alles zu sehr fairen Preisen.