Brutalist Berlin von Denis Barthel – Radikal brutal
„Roher Beton“, so lautet die Übersetzung des französischen Wortes für Sichtbeton „béton brut“. Fotograf und Student der Berliner „Neuen Schule für Fotografie“ Denis Barthel nähert sich diesem Architekturstil der Moderne in seinem Langzeitprojekt „Brutalist Berlin“ mit Schwarzweißbildern. THE LINK war das erste Medium, das seine Serie 2016 präsentierte. Fast ein Jahr später zeigen wir weitere Impressionen und wollten wissen wie sich seine rohen Betonbilder entwickelt haben.
"Roher Beton“, so lautet die Übersetzung des französischen Wortes für Sichtbeton "béton brut". Fotograf und Student der Berliner "Neuen Schule für Fotografie" Denis Barthel nähert sich diesem Architekturstil der Moderne in seinem Langzeitprojekt "Brutalist Berlin" mit Schwarzweißbildern. THE LINK war das erste Medium, das seine Serie 2016 präsentierte. Fast ein Jahr später zeigen wir weitere Impressionen und wollten wissen wie sich seine rohen Betonbilder entwickelt haben. https://thelink.berlin/2017/02/brutalismus-in-berlin-brutalist-berlin-denis-barthel-fotografie/
Die Schärfung von Brutalist Berlin
"Brutalist Berlin hat sich im Lauf des letzten Jahres sehr gut entwickelt. Nach inhaltlicher und stilistischer Schärfung sowie verschiedenen Features befindet sich Brutalist Berlin inzwischen in der Abschlussphase, die fehlenden Bauten werden bis März, April fotografiert sein, so dass das Projekt dann nach eineinhalb Jahren fotografisch abgeschlossen ist. Spannend war es bisher kaum rezipierte Bauten wie das Haus Plettner oder die St. Richard, Apostel-Johannes-Kirche oder auch Innenansichten fotografisch systematisch erschließen zu können. Inzwischen beginnt die Planung der Auswertung, also hin zu einer Veröffentlichung, einer Ausstellung und dergleichen."
Kompromisslos, radikal, brutal
"Die Recherche der Bauten hat im wesentlichen bereits im Vorfeld anhand von Literatur und Internetquellen stattgefunden, das Feedback aus dem Team des Deutschen Architekturmuseums half sehr, die Liste fokussierter zu fassen. Zentraler Bezugspunkt ist die klassische Definition von Reyner Banham, nach der die Transparenz des Grundrisses, die Zurschaustellung der Konstruktion, die Materialsichtigkeit sowie eine kompromisslose und radikale, "brutale" Haltung essentiell sind. Allerdings habe ich trotzdem auch Bauten aufgenommen, die diesen Werten nur teilweise entsprachen, wenn z. B. bereits eine intensive Rezeption im brutalistischen Diskurs eingesetzt hatte, z. B. beim Rotaprint-Gebäude, das nur durch einen Baustopp unverputzt blieb und so brutalistisch lesbar wurde oder signifikante Elemente am Bau eine Aufnahme rechtfertigten – so beim Pallasseum oder der Tschechischen Botschaft."
Berlins Umgang mit dem brutalistischen Erbe
"Brutalistische Bauten haben es wegen Ihrer Größe und Radikalität nirgends leicht, der Sanierungsbedarf des Materials verschärft diese Frage. Insgesamt geht es dem Berliner Bestand aber recht gut. Wenn Nutzungskonzepte bestehen und sie zugleich als erhaltenswert klassifiziert werden – Corbusier-Haus, Akademie der Künste, Haus Plettner, Rotaprint, Campus Benjamin Franklin – dann haben die Bauten es eigentlich geschafft. Auch die vielen Sakralbauten sind recht sicher, hier ist die einzige Gefahr, das Gemeinden irgendwann zu klein werden und den Bau nicht mehr nutzen können, das trifft momentan am ehesten noch auf die Dankeskirche im Wedding zu. Richtig schwierig ist es nur für den "Mäusebunker", der hohe Sanierungsbedarf und eine fehlende Nachnutzung dürften Hänskas Bau in naher Zukunft gefährlich werden, auch die Zukunft der Tschechischen Botschaft ist leider noch offen. Verloren ist bisher nur die Suarezwache: Isolierung, Verputz und Bemalung haben sie unkenntlich gemacht, sie musste ich aus dem Projekt ausschließen."
Was der aktuelle Beton-Hype bedeutet
„Der aktuelle Hype kann zumindest helfen, das Bewusstsein dafür zu schärfen, das diese Bauten erhaltenswert sind. Langlebig wird der Hype nicht sein, aber wenn er den Brutalismus als erhaltenswert etabliert und seine Erschließung befördert, dann ist das eigentlich nur gut. In Berlin ist zwar kein Fall akut, aber in Fällen wie der Hamburger Postpyramide oder dem Kulturzentrum Mattersburg im Burgenland gibt es ja die sehr konkrete Gefahr, wichtige Bauten zu verlieren. Da ist es gut, dass Initiativen zum Erhalt auf eine interessierte Öffentlichkeit treffen. Zugleich beschleunigt sich auch die Erschließung des Bestandes, wenn für kommende Literatur zum Thema auch ein Publikum da ist. Da ist Großbritannien mit den zahlreichen Veröffentlichungen zwar deutlich weiter, aber auch in Deutschland gibt es zum Glück inzwischen auch Initiativen wie Brutalismus im Rheinland, die sich um eine Art regionale Inventarisierung verdient machen.“
Denis Barthel
Geboren in Essen, lebt und arbeitet in Berlin. 2015–2016: Imago Fotokunst Berlin (Klasse von Ursula Kelm, Mitglied Deutsche Fotografische Akademie). Seit 2016 Student der Fotografie an der "Neue Schule für Fotografie".
Brutalismus
Architekturstil der Moderne. Der Begriff wurde um 1950 von dem schwedischen Architekten Hans Asplund geprägt. Er leitet sich ab von béton brut, wörtlich 'roher Beton', dem französischen Ausdruck für Sichtbeton. Gemeint ist das sichtbare Baumaterial, im Besonderen Formbeton mit seinen Unebenheiten und den Abdrücken der Schalung, aber auch Metalle, Ziegel und andere Materialien. Weiterhin kennzeichnen die Architektur reine geometrische Körper, die nicht mit einer an andere formale Lösungen angelehnten Formensprache kaschiert werden. Besonders die Architektur von Le Corbusier, vor allem das Kloster Sainte-Marie de la Tourette bei Éveux-sur-l’Arbresle und die Unité d’Habitation in Marseille, Firminy, Berlin und Nantes, waren für den Brutalismus richtungsweisend. Als erster brutalistischer Bau gilt die Schule in Hunstanton von Alison und Peter Smithson (1949–1954). Die Blütezeit des Brutalismus lag in den 1960er Jahren. Er löste die internationale Moderne der Nachkriegszeit ab und leitete mit seinen Tendenzen einer plastisch-körperhaften, konstruktionsorientierten und von grober Form geprägten Architektur über zum in den 1960er und 1970er Jahren vorherrschenden Bauen mit Fertigteilen. (Wikipedia)