5 Fragen an ... Denis Barthel – Paradestücke
Interview:1. Bitte beschreibe Deine Motivation und die Herangehensweise an "Brutalismus in Berlin".
Ziel ist, die Anmut der Bauten erkennbar werden zu lassen. Brutalismus ist ja eine ausgegrenzte Architektur, selbst Paradestücke unterliegen häufiger Anfeindung. Dass sich aus der genretypischen Kombination von Askese und Monumentalität ein hohes Maß aus Anmut, ja sogar Grandezza ergibt, bleibt meist unbemerkt. Es bedarf der fotografischen Darstellung, um das zu verdeutlichen. Dabei ist die Granularität des Materials von großer Bedeutung, das strahlende Licht und ein weitgehender Verzicht auf Farbe. Am Ende steht dann im Idealfall Sympathie für den Bau und Aneignung.
2. Warum thematisierst Du Stadtraum und Architektur?
Als Stadtmensch ist die Stadt mein Raum, einer, der durch Architektur entsteht und strukturiert wird. Ich schaue im Projektrahmen auf diesen Raum als in Berlin Lebender. Durch diesen Blick wird die Stadt an den fotografierten Punkten zu der meinen ein Gegenpol, nachdem ich mich zuvor intensiv mit Fremde auseinander gesetzt habe.
3. Was kann Fotografie als Kunstform bewirken?
Fotografie besitzt die besondere Qualität der Unmittelbarkeit, ein Foto kann und sollte den Betrachter genauso kicken wie ein Musikstück. Das ist ein starker Kanal, um Unaussprechbares zum Betrachter zu transportieren.
4. Warum studierst Du an der "Neuen Schule für Fotografie"?
Das Studium an der Neuen Schule steht solide auf den beiden Beinen Fototechnik und Fotokunst zugleich. Ich finde beides fundamental, für mich ist das genau das Richtige.
5. Wo ist Dein Lieblingsort in Berlin und warum? Andere Lieblingsplätze außerhalb Berlins?
In Berlin der inzwischen verlorene Straßenzug vom Bahnhof Zoo zur Lietzenburger Straße. Das war ein buntes, aber sehr gut zueinander passendes Gefüge spannender Bauten, das beredt von der Nachkriegsmoderne erzählte und für das Auge erholsam offen war. In Hongkong finde ich die Ebenen über und unter dem städtischen "Erdgeschoß" überwältigend, die der Stadt eine enorme Plastizität und viele einzigartige Perspektiven verleihen.
Das Fotoprojekt "Brutalismus in Berlin" entwickelt Denis Barthel kontinuierlich weiter, so dass sich interessierte Redaktionen und Galerien für mögliche Kooperationen gerne an ihn wenden können.
Denis Barthel
Geboren in Essen, lebt und arbeitet in Berlin. 2015–2016: Imago Fotokunst Berlin (Klasse von Ursula Kelm, Mitglied Deutsche Fotografische Akademie). Seit 2016 Student der Fotografie an der "Neue Schule für Fotografie".
Brutalismus
Architekturstil der Moderne. Der Begriff wurde um 1950 von dem schwedischen Architekten Hans Asplund geprägt. Er leitet sich ab von béton brut, wörtlich 'roher Beton', dem französischen Ausdruck für Sichtbeton. Gemeint ist das sichtbare Baumaterial, im Besonderen Formbeton mit seinen Unebenheiten und den Abdrücken der Schalung, aber auch Metalle, Ziegel und andere Materialien. Weiterhin kennzeichnen die Architektur reine geometrische Körper, die nicht mit einer an andere formale Lösungen angelehnten Formensprache kaschiert werden. Besonders die Architektur von Le Corbusier, vor allem das Kloster Sainte-Marie de la Tourette bei Éveux-sur-l’Arbresle und die Unité d’Habitation in Marseille, Firminy, Berlin und Nantes, waren für den Brutalismus richtungsweisend. Als erster brutalistischer Bau gilt die Schule in Hunstanton von Alison und Peter Smithson (1949–1954). Die Blütezeit des Brutalismus lag in den 1960er Jahren. Er löste die internationale Moderne der Nachkriegszeit ab und leitete mit seinen Tendenzen einer plastisch-körperhaften, konstruktionsorientierten und von grober Form geprägten Architektur über zum in den 1960er und 1970er Jahren vorherrschenden Bauen mit Fertigteilen. (Wikipedia)