Zukunft Wohnen aus dem jovis Verlag –  Goethes Germany

Buchwelten:

Migration als Chance für kluge Stadtentwicklung.

Goethes Germany

Deutschland | 

»Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.«

Johann Wolfgang von Goethe

Kernig eröffnete der Vorgängerband mit einem Zitat Goethes und Fotografien fader Containerbarracken. Ein starkes Statement. Geht es doch nicht nur darum, Menschen ein Dach über dem Kopf zu gewähren, sondern ein humanes Umfeld zu schaffen, in dem Ankommen, Teilhabe und Aufstieg möglich sind. Bestand "Refugees Welcome" in erster Linie noch aus Vorschlägen und Utopien, die während eines Semsterprojektes Studierender an der Leibniz Universität Hannover am Lehrstuhl von Prof. Jörg Friedrich erarbeitet wurden, antwortet der nachfolgende Band mit dem akademisch etwas knarzigen Titel "Zukunft: Wohnen – Migration als Impuls für die Kooperative Stadt" mit konkreten Maßnahmen und internationalen Projekten. Eines ist klar. Die Flüchtlingsfrage wird uns noch viele Jahre beschäftigen und damit auch der Bedarf nach bezahlbaren, würdevollen Wohnformen, die letzlich viele in der Gesellschaft benötigen.

»Weg von der Stararchitektur für wenige hin zu der Suche nach einer würdevollen, bezahlbaren Wohnarchitektur für viele.
«

Zukunft: Wohnen

Am Anfang des neuen Titels wird die Leserschaft mit Fakten und Zitaten eingedeckt. Sie machen noch einmal deutlich, wie polarisierend die Positionen sind und wie sehr die Akzeptanz in der Gesellschaft zu schwinden droht. Aber genau dieser Zustand habe im architektonischen Diskurs die notwendigen kreativen Prozesse ausgelöst, so Jörg Friedrich in seiner Einleitung. Es gehe wieder mehr um das Grundbedürfnis des Menschen: das Wohnen. Gerade das einfache, sozial verträgliche, integrative und unbürokratische Bauen rücke so nun erneut in den Fokus der Debatten, so der Autor. In weiteren Beiträgen unter anderem von Philipp Oswalt, dem ehemaligen Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau, und Julian Benz, einem ehrenamtlichen Berater für Hausgruppenprojekte, wird diese Diskurs dann auch geführt. Ergänzt werden die Gedanken von einer Sammlung diverser Architekturen, Methoden und Strategien für eine sozial verträgliche Stadt. Zum besseren Verständnis sind die vielschichtigen Vorschläge entsprechend nach Kapiteln sortiert: Temporär, Modular, Verdichtet, Transformiert, Hybrid und Partizipativ wird hier gedacht.
Die wachsende Wohnungsnot erfordert auch von Architektur und Stadtplanung einen Beitrag, eine Verpflichtung, die nur mühsam zu bewältigen scheint. So liefert das Buch keine allgemein gültigen Lösungen. Wie auch, gilt es doch, die gesellschaftliche Integration durch räumliche Integration lokal präzise und den jeweiligen Umständen entsprechend zu stärken. Das Buch ist vielmehr als eine Sammlung zu verstehen, die verschiedene Lösungsansätze anbietet. Dabei bleiben die vorgestellten Vorschläge meist nicht nur Gedankenexperimente, sondern werden hinterlegt mit Finanzierungsvorschlägen, baurechtlichen Überlegungen, Zahlen und harten Fakten. Und damit ist diese Publikation ein wichtiger Beitrag zum zwingend zu führenden Diskurs über die Zukunft des Wohnens in unseren Städten. Aber ein wenig Stararchitektur sollte schon auch noch drin sein.

Jüngste Entwicklungen in der Flüchtlingskrise

Diagram

Jüngste Entwicklungen in der Flüchtlingskrise

Bild vergrößern (Diagram)(Abbildung © Zukunft Wohnen)
Warum wir Zuwanderung brauchen

Diagram

Warum wir Zuwanderung brauchen

Bild vergrößern (Diagram)(Abbildung © Zukunft Wohnen)
Vorschlag von Paul Jakob Bohlen und Mathis Huismans

57 Squaremeter House

Vorschlag von Paul Jakob Bohlen und Mathis Huismans

Bild vergrößern (57 Squaremeter House)(Abbildung © Paul Jakob Bohlen, Mathis Huismans)
Vorschlag von Drexler Guinand Jauslin Architekten, Finnischer Pavillon der Architekturbiennale

Arrival City 4.0

Vorschlag von Drexler Guinand Jauslin Architekten, Finnischer Pavillon der Architekturbiennale

Bild vergrößern (Arrival City 4.0)(Abbildung © Drexler Guinand Jauslin Architekten)
Studie von Peter Haslinger und Simon Takasaki

Coop Haus

Studie von Peter Haslinger und Simon Takasaki

Bild vergrößern (Coop Haus)(Abbildung © Peter Haslinger, Simon Takasaki)
Studie von Peter Haslinger und Simon Takasaki

Coop Haus

Studie von Peter Haslinger und Simon Takasaki

Bild vergrößern (Coop Haus)(Abbildung © Peter Haslinger, Simon Takasaki)
Studie einer Umnutzung von Raumlabor

Haus der Statistik

Studie einer Umnutzung von Raumlabor

Bild vergrößern (Haus der Statistik)(Abbildung © Raumlabor Berlin)
von PFP Architekten

Wohnhybrid, Elbbrückenquartier Hamburg

von PFP Architekten

Bild vergrößern (Wohnhybrid, Elbbrückenquartier Hamburg)(Abbildung © PFP Architekten)
von Praeger Richter Architekten

Ausbauhaus Neukölln

von Praeger Richter Architekten

Bild vergrößern (Ausbauhaus Neukölln)(Abbildung © Praeger Richter Architekten)
von De zwarte Hond, Felixx

Ter Apel, Niederlande

von De zwarte Hond, Felixx

Bild vergrößern (Ter Apel, Niederlande)(Abbildung © De Zwarte Hond, Felixx)
von Gaupenraup Architekten

Vinzirast, Wien

von Gaupenraup Architekten

Bild vergrößern (Vinzirast, Wien)(Abbildung © Gaupenraub Architekten)
von Jörg Friedrich, Peter Haslinger, Simon Takasaki und Valentina Forsch

Zukunft: Wohnen – Migration als Impuls für eine Kooperative Stadt

von Jörg Friedrich, Peter Haslinger, Simon Takasaki und Valentina Forsch

Bild vergrößern (Zukunft: Wohnen – Migration als Impuls für eine Kooperative Stadt)(Abbildung © jovis)

Zukunft: Wohnen – Migration als Impuls für die Kooperative Stadt

von Jörg Friedrich, Peter Haslinger, Simon Takasaki und Valentina Forsch

Buchdaten

Februar 2017, jovis Verlag GmbH, Berlin, Hardcover, 17 x 24 cm, 320 Seiten, mit ca. 200 farbigen Abbildungen, deutsch, ISBN 978-3-86859-451-5

Prof. Jörg Friedrich

studierte in Stuttgart und Rom und arbeitete dort von 1982 bis 1985 am Max-Planck-Instutut. 1987 erhielt er den Villa-Massimo-Preis. Seit 2000 ist er Professor für Entwerfen und Gebäudelehre an der Leibniz Universität Hannover. Sein Architekturbüro pfp architekten hat Niderlassungen in Hamburg, Genua und Frankfurt. Friedrich plant und realisiert Kulturprojekte, Universitätsbauten, sozialen Wohnungsbau und Flüchtlingsunterkünfte, Hochschulen, Bürogebäude sowie Gesundheitsbauten und Sporthallen in Deutschland, Österreich, Polen, Italien und in der Schweiz. Sein Schwerpunkt liegt in den Bereichen Theaterbauten, Konzertsäle und Opernhäuser. Seine Arbeiten wurden mit zahlreichen Architektur- und Kunstpreisen ausgezeichnet.

Peter Haslinger

studierte in Wien, Hannover und Zürich Architektur und arbeitete als freischaffender Architekt in verschiedenen Architekturbüros. 2000 gründete er sein eigenes Büro ZONE29 in Berlin mit Projekten in Deutschland, Mallorca und Namibia. Von 2000 bis 2004 war er Mitarbeiter im Vitra Design Museum. Seit 2004 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Entwerfen und Gebäudelehre an der Leibniz Universität Hannover und Dozent für konzeptionelles Entwerfen.

Simon Takasaki

studierte von 2000 bis 2005 an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel und von 2007 bis 2008 an der Bartlett School of Architecture in London (UCL). Seit 2009 ist er Gastkritiker am Royal College of Art in London, der Southbank University, der TU Braunschweig, der Universität Innsbruck und der TU Berlin. Seit 2011 ist Takasaki Dozent für „Digitales Gestalten“ bei Prof. Volker Staab an der TU Braunschweig und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Entwerfen und Gebäudelehre an der Leibniz Universität Hannover. 2011 gründete er in Berlin das Architekturbüro Takasaki Lauw Architects.

Valentina Forsch

studierte Architektur und Städtebau an der Leibniz Universität Hannover und an der Staatlichen Universität für Architektur und Bauwesen in St. Petersburg. Seit 2016 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Entwerfen und Gebäudelehre an der Leibniz Universität Hannover.

Arrival City

ist der Titel eines Buches von Doug Saunders, das 2011 erschienen ist. Es setzt sich mit den Wanderungsbewegungen in die Städte und deren Folgen zu Beginn des 21. Jahrhunderts auseinander. Der Autor beschreibt darin über zwanzig untersuchte Viertel, Rand- und Außenbezirke, solcher Ankunftsorte innerhalb und am Rande der boomenden Megacitys der Welt. Sein Fazit: Scheitert die Arrival City, wird sie zum sozialen Brennpunkt, zur Brutstätte von Kriminalität und hybridem Extremismus, zum Elendsviertel. Blüht sie auf, wird die Arrival City zur Geburtsstätte der neuen Mittelschicht, der stabilen Wirtschaft und des sozialen Friedens einer Stadt. Auch der deutsche Beitrag „Making Heimat“ auf der 15. Architektur-Biennale in Venedig setzte sich 2016 mit diesen Herausforderungen auseinander. Die Ausstellung dazu ist vom 4.3.–10.9.2017 im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt zu sehen.