Die U8 von Rainer G. Rümmler – Allet so schön bunt hier

Die stählernen Hochbahntrassen und die sachlich gestalteten Bahnhöfe des Schweden Alfred Grenander werden allseits bewundert. Mit seinen monochromen Entwürfen prägte er den Berliner U-Bahnbau über viele Jahre. Nach dem Krieg und der Teilung der Stadt endeten viele Linien zunächst im Nirgendwo. In West-Berlin wurde schließlich in einer dritten großen Phase wieder unter der Erde gebuddelt. Verantwortlich für die Ausgestaltung der knalligen Haltestellen war nun der Berliner Baustadtrat Rainer G. Rümmler. Sieben seiner Bauten auf der Linie U7 wurden gerade unter Denkmalschutz gestellt. Es lohnt aber auch ein Blick auf seine Haltepunkte an der U8.
In seiner Zeit als Leiter der Entwurfsabteilung des Senators für Bau- und Wohnungswesen schuf Rainer G. Rümmler beeindruckende 53 Bahnhöfe. Im Gegensatz zu Grenander entwarf er mit jeder Station kein industrielles Verkehrsmittel der Massen sondern ein unverwechselbares Einzelkunstwerk, das Bezug auf seine Umgebung und den Namen jeder Station nimmt. Wurden seine ungewöhnlichen Erlebnisräume bei ihrer Entstehung verächtlich als Westberliner Protz und kindischer Kitsch verspottet, wird heute, gerade noch rechtzeitig vor weiteren unsensiblen Umbaumaßnahmen, ihr bauhistorischer Wert erkannt. Im nördlichen Abschnitt der U8 entstanden knallig bunte Mosaikwelten, märchenhafte Wälder und post-moderne Brückenbauten.

Osloer Straße
Der Kreuzungsbahnhof wurde am 30. April 1976 (U9) und 05. Oktober 1977 (U8) in Betrieb genommen. Die Gleiswände beider Bahnsteige sind mit norwegischen Fahnen bekleidet und nehmen damit Bezug auf die darüber liegende Straße.

Osloer Straße
Heute durchgehend weiß beschichtet, waren die Decken der Bahnsteige ursprünglich unterschiedlich in gelb und blau gehalten. Nüchterne Metall-Paneele bekleideten die Wände. Heute hängt hier dunkelblaue Emaille.

Franz-Neumann-Platz
Dieser und die beiden folgenden Stationen wurden zur 750-Jahr-Feier der Stadt im April 1987 unter dem Namen Residenzstraßen-Strecke eröffnet.

Franz-Neumann-Platz
Die Ausgestaltung nimmt Bezug auf die Grünflächen am nahegelegenen Schäfersee. Mosaiken an den Wänden zeigen stilisierte Bäume und Blumen, fast meint man Vogelgezwitscher zu hören. Der Boden des Bahnsteigs kommt erdig daher. An ihren gelb profilierten Kapitellen fächern sich die grün gekachelten Mittelstützen zu abstrahierten Baumkronen auf.

Residenzstraße
Die Station soll an die ehemalige Residenzstadt Berlin erinnern. Pläne des Stadtschlosses und Statuen zieren die hell gehaltenen Wände. Die Stützen hingegen sind bunt gekachelt. Ein Verweis auf das bunte Knüpfwerk der Preußen-Residenz.

Residenzstraße
Von der Decke leuchtet schweres Messing.

Paracelsusbad
Die Station trägt den Namen des Arztes, Alchemisten, Astrologen, Mystikers und Philosophen Philippus Theophratus Aureolus Bombastus von Hohenheim, besser bekannt als Paracelsus.

Paracelsusbad
Die weiß gekachelten Wände mit Zeichnungen römischer Badehäuser verweisen auf das angrenzende Schwimmbad. Besonders schön sind die aus Quadern gefügten Deckenleuchten: Eine Tropfsteinhöhle à la Art Déco.

Lindauer Allee
Der letzte Streckenabschnitt wurde erst am 24. September 1994 eröffnet. Im märchenhaft gestalteten Bahnhof Lindauer Allee verwendete Rümmler Symbole des Lindauer Stadtwappens, den Lindenbaum. Pinkfarbene, herzförmige Blätter sprießen aus stilisierten Bäumen. Von den Böden brüllen Löwenköpfe.

Lindauer Allee
Der türkis gehaltene Bahnhof ist der Einzige mit einer umlaufenden Galerie. Noch eine Besonderheit sind die Schrägseilaufzüge, die einen barrierefreien Zugang ermöglichen.

Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik
Die Haltestelle ist für Rümmlers Verhältnisse eher schlicht gehalten.

Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik
Die Wände aus verschiedenfarbigen Klinker-Verbänden verweisen auf die Architektur der Klinikgebäude über der Erde.

Reinickendorf
Dieser postmoderne Klinkerbau spannt im Süden über den Nordgraben, der die Panke mit dem Tegeler See verbindet.

Reinickendorf
Im Innenraum kommen grauer Naturstein und roter Klinker zum Einsatz.

Wittenau
Grüne und gelbe Töne sollen an der End- und Übergangsstation zum Wilhelmsruher Damm eine gewisse Ruhe aussenden. Wilhelm wirds freuen.

Wittenau
Ich glaub, ich steh im Wald.
Rainer Gerhard Rümmler
Geboren 2.7.1929 in Möckern, bei Leipzig, gestorben am 16.5.2004 in Berlin. Deutscher Architekt und Berliner Baubeamter. Rümmler studierte Architektur bei Hans Hertlein, Willy Kreuer und Hans Scharoun an der Technischen Hochschule Berlin. Schon vor seinem Diplom 1954 war er beim Bezirksamt Berlin-Spandau tätig. Dort realisierte er seinen ersten Bau, die Oberschule am Jungfernheideweg in Berlin-Siemensstadt. Später wurde er Stellvertreter von Bruno Grimmek, dem Leiter der Planungs- und Entwurfsgruppe der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen. 1964 wurde Rümmler schließlich zum Oberbaurat unter anderem für den Bereich Entwurf Hochbaumaßnahmen für den Verkehr betraut. Dort entwarf er bis 1994 mehr als 150 Bauwerke darunter einen Großteil der West-Berliner U-Bahnhöfe an den Linien 6, 7, 8 und 9.
U8
Die Berliner U-Bahnlinie 8 verläuft auf 18 Kilometern durchgehend unterirdisch von Wittenau im Norden über Gesundbrunnen nach Neukölln im Süden. Die dunkelblaue Linie hat 24 Stationen. Der älteste Abschnitt befindet sich zwischen Boddinstraße und Schönleinstraße. Er wurde 1927 fertiggestellt. Der jüngste Abschnitt wurde 1996 im Süden zwischen Leinestraße und Hermannstraße eröffnet. Architekten der meisten Stationen waren auch auf der U8 Alfred Grenander und Rainer R. Rümmler.