Elbphilharmonie von Edel Books – Schmuckbuch
Buchwelten:"Ikonisch wie der Eiffelturm für Paris oder das Opernhaus von Sydney für ganz Australien ... Jahrhundertprojekt ... Kulturnation ..."
Die Beschreibungen zum Buch "Elbphilharmonie" aus dem Verlag Edel Books sind auf das Maximum gedehnt. Kleiner geht es nicht. Wer das Gebäude von Herzog & de Meuron nicht kennt oder nichts von der hyperventilierenden Dauer-Berichterstattung rund um die Eröffnungswochen mitbekommen hat, muss sich wundern. Superlative statt fein-hamburgischem Understatement? Stattdessen Brimborium aus Getöseland und angeberischer Schnickschnack. Zumindest auf den ersten Blick. Doch der für die Produktion des Bildbands zuständigen Agentur gelingt es, die allzu glatten Marketingoberflächen zu verlassen und einen tieferen Blick auf das Gesamtkunstwerk Elbphilharmonie zu riskieren.
Das Buch des Journalisten Joachim Mischke und des Fotografen Michael Zapf ist unterteilt in sieben Kapitel. Anfang und Konzept des Musikbaus werden vorgestellt wie auch Impressionen von der Baustelle und ein Rundgang mit dem Blick auf Details des Gebäudes. Der Autor rundet den Inhalt mit Ausflügen in die Welt der Klänge und der Musikgeschichte ab. Zuvor jedoch thematisiert er die zahlreichen Probleme. Es geht um Komplikationen, Konflikte und Kostenexplosionen. Es geht um die Elbphilharmonie-Initiatoren Alexander Gérard und Jana Marko und ihre Trennung vom Projekt 2004, kurz: es geht ans Eingemachte. Bei aller Komplexität bleibt die Gemengelage verständlich. Was auch an solchen Absätzen liegt:
Nach Zahlen und Fakten, Politik und persönlichen Fehden im dritten Kapitel mutet der Folgeteil wie eine Aufmunterung und Wiedergutmachung an. Das vierte Kapitel mit dem Rundgang ist "Was ist was"-Bildhaftigkeit für Erwachsene, besonders die Aufklappseiten ab Seite 132. Es gibt zwar wieder Zahlen und Fakten, doch hier sind es die berühmten Fußballfeld- und Fahrzeugvergleiche. Wir lernen: die Elbphilharmonie ist so groß wie 17 Fußballfelder und so schwer wie 32 vollbesetzte Airbusse A380.
Spätestens an dieser Stelle sollte ein Elbphilharmonie-Neuling von der Detailfülle, der Hingabe und der fotografischen Stärke des Buchs angestachelt sein: auf geht’s nach Hamburg! Und dann steht man davor und denkt: "Wahnsinn. Die haben das tatsächlich gebaut". Siehe Seite 236.
Die Bilder der Rezension sind von unserem Gastautor Ludwig Moos. Mehr über ihn und unsere Gastautoren: hier.
Elbphilharmonie
Von Joachim Mischke und Michael Zapf, bei Edel Books, 224 Seiten, Maße: 295 x 227 mm, gebunden, in deutscher Sprache, ISBN-13: 9783841903655
Joachim Mischke
1964 in Flensburg geboren. Er hat Musikwissenschaft, Publizistik und Anglistik in Münster studiert und arbeitet als Chefreporter Kultur & Medien beim "Hamburger Abendblatt". 2014 wurde Mischke vom Fachmagazin medium in der Kategorie "Reporter regional" als einer der "Journalisten des Jahres" ausgezeichnet. Er ist Jurymitglied beim "Preis der deutschen Schallplattenkritk" e.V. und hat mehrere Bücher veröffentlicht.
Michael Zapf
Geboren 1965, fotografiert seit über 30 Jahren in seiner Heimatstadt Hamburg. Seine Bilder werden in Tageszeitungen, Magazinen und Büchern publiziert und wurden in mehreren Ausstellungen gezeigt. Er veröffentlichte zahlreiche Bildbände zu Hamburger und norddeutschen Themen.
Herzog & de Meuron
1978 gründeten Jacques Herzog und Pierre de Meuron ihr Büro in Basel, Schweiz. Das Unternehmen wird heute von den Gründern und den Senior Partnern Christine Binswanger, Ascan Mergenthaler und Stefan Marbach geleitet. Ein internationales Team von fast 400 Mitarbeitern ist an Projekten in Europa, Asien und Amerika beteiligt. International bekannt wurden Herzog & de Meuron mit dem Projekt für die Tate Modern in London. Die Außenraumgestaltung hat das Büro in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsarchitekten Dieter Kienast – wie auch weitere Projekte – realisiert. Weitere wichtige Projekte: die Stadionbauten St. Jakob-Park (Basel) und Allianz Arena (München), Für die Olympischen Spiele 2008 planten sie das Nationalstadion in Peking. Das Büro wird für Effekthascherei und hohe Kosten kritisiert, sowohl beim Projekt in Peking als auch bei der Umsetzung der Elbphilharmonie. Im Untersuchungsbericht über die Teuerungen und Verzögerungen beim Bau heißt es, dass die Architekten mit mehrfachen Fristüberschreitungen für Kostensteigerungen beitragen und die Komplexität des von ihnen entwickelten Gebäudes erheblich unterschätzt hätten. Das Büro hat zahlreiche Preise erhalten, z. B. 2001 der Pritzker-Architektur-Preis.