The Rosa Parks’ House – Home of Heldin
Das Haus der amerikanischen Bürgerrechtlerin Rosa Parks ist versteckt und sehr präsent zugleich. Es steht in Berlin-Wedding, in einem Innenhof, der nur an bestimmten Tagen zu bestimmten Uhrzeiten geöffnet wird. An diesem Sonntagnachmittag ist das Tor offen. Wer die vielen Besucher*innen sieht, stellt schnell fest: es ist ein Kunsthappening. Tische und Bänke sind mit leeren Bierflaschen und vollen Aschenbechern vollgestellt und die Leute fotografieren das Gebäude mit Smartphones und Spiegelreflexkameras umfassend. Ich frage mich: wieso steht das Haus in Deutschland und warum sieht es so heruntergekommen aus? Die Antworten sind so banal wie ernüchternd. Sie sagen einiges über die Erinnerungskultur in den USA und über Berlins jetzige Offenheit aus.
Rosa Parks wohnte in dem Haus in Detroit nur wenige Jahre. Zuvor war sie mit ihrem Mann aus dem Süden in die Industriestadt gezogen. Sie, die maßgeblich zum Beginn der Bürgerrechtsbewegung unter Martin Luther King (1929–1968) beigetragen hatte, war zu einer Hassfigur geworden. Rassisten bedrohten das Ehepaar Parks so massiv, dass sie keine andere Lösung sahen, als anderthalb tausend Kilometer gen Norden zu flüchten. Die Weigerung der damals 42-jährigen Näherin in einem Bus in Montgomery im Süden der USA Platz für einen Weißen zu machen, machte sie zur Ikone. Für ihren Mut und ihr Engagement wurde sie mehrfach ausgezeichnet und geehrt. Ihr Haus in Detroit scheint das alles nicht verdient zu haben. Es verfiel.
2016 kaufte Parks Nichte Rhea McCauley das Haus. Sie wandte sich an den Künstler Ryan Mendoza, spendete ihm das Haus und bewahrte es so vor dem Abriss. Mendoza ließ das Gebäude in Berlin neben seinem Studio wiederaufbauen. Zuvor hatte er sich vergeblich an die Detroiter Verwaltung und andere Stellen gewandt. Kein Interesse und kein Platz für das Haus einer Heldin.
Jetzt also in der Wriezener Straße im Soldiner Kiez. Wo Mütter ihren Grundschultöchtern beflissentlich erklären wie schlimm es um die Schwarzen damals stand. Wo mit Lust über Trumps Amerika gelästert wird. Wo vergessen wird, dass Berlin nicht immer für Offenheit stand. Wo es irritiert, dass der Zugang zu einem so wichtigen Gebäude kontrolliert wird und beschränkt ist. Müsste ein Haus dieses Kalibers nicht auf dem Alexanderplatz stehen. Oder direkt am Brandenburger Tor? Oder man organisiert gleich eine Mahnhaustour nach Freital, Rostock, Mölln, Solingen und anderen Städten, wo "normale Bürger" sehr unnormale Sachen veranstaltet haben. Danach kann Frau Parks Haus gerne wieder zurück in die USA. Eine dortige Tour dürfte ähnlich lang werden.
The Rosa Parks House
Ryan Mendoza und Camera Work zeigen seit 8.4.2017 "The Rosa Parks' House" von Ryan Mendoza. Besuchszeiten: Wriezener Straße 19, 13359 Berlin: Freitag: 28.4.2017, 18–22 Uhr. Samstag, 29.4.2017, 14–22 Uhr. Der Besuch ist kostenfrei.
Rosa Parks
Geboren 1913 in Tuskegee, Alabama, gestorben 2005 in Detroit, Michigan. Rosa Louise Parks wird als "Mother of the modern day civil rights movement" bezeichnet, als Ikone der Bürgerrechtsbewegung in den USA. Sie arbeitete als Näherin und Sekretärin. Die Afroamerikanerin wurde am 1.12.1955 in Montgomery, Alabama verhaftet, weil sie sich weigerte, ihren Sitzplatz im Bus für einen weißen Fahrgast zu räumen – der Beginn des Busboykott von Montgomery, organisiert vom Baptistenprediger Martin Luther King. Parks wurde zur Heldin der Bürgerrechtsbewegung und gleichzeitig zur Hassfigur der Rassisten. Sie und ihr Mann Raymond Parks zogen daraufhin 1957 nach Detroit, wo sie weiterhin in der Bürgerrechtsbewegung aktiv blieb. Parks wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit der Freiheitsmedaille (1996 überreicht durch Präsident Bill Clinton) und 1999 mit der Goldenen Ehrenmedaille des Kongresses. Beide Ehrungen sind die höchsten zivilen Auszeichnungen in den USA. Die American Public Transportation Association erklärte den 1. Dezember zum "Tribute to Rosa Parks Day". An diesem Tag soll in jedem Bus der Sitzplatz direkt hinter dem Fahrer ihr zu Ehren frei bleiben.
Ryan Mendoza
Geboren 1971 in New York City, lebt und arbeitet in Berlin und Neapel. Der amerikanische Künstler verbindet in seinen Gemälden die Technik alter Meister mit zeitgenössischen Themen. Seine Performancekunst kombiniert er mit politischen Aussagen. So hat er z. B. mit der russischen Punkband Pussy Riot gearbeitet. Haus, Wohnen und damit verbundene Identitäten hat er bei den Projekten "The White House" und "The Invitation" in Detroit thematisiert. Rhea McCauley, die Nichte der amerikanischen Bürgerrechtlerin Rosa Parks hatte 2016 das baufällige Holzhaus für 500 US-Dollar von der Stadt Detroit gekauft, um es vor dem Abriss zu schützen. In drei Wochen baute Mendoza das Haus ab, verschiffte es nach Berlin und baute es dort wieder auf.