
1. Bitte beschreiben Sie die Philosophie und Arbeitsweise von noa*.
noa* steht für den essentiellen Ausdruck einer kollaborativen Arbeitsethik: das junge Team aus Architekten, Designern und Künstlern setzt auf eine interdisziplinäre Entwurfsmethodik, die sich je nach Anforderung des jeweiligen Projekts in stetigem Wandel befindet. Das Konzept der "Emergenz", wo das Ganze weit mehr ist als die Summe der einzelnen Teile, wird zur zentralen Strategie einer holistischen Herangehensweise an jeden von noa* konzipierten Entwurf.
2. Das Team von noa* hat den Anspruch, Geschichten zu bauen. Bitte konkretisieren Sie das anhand von 2–3 Projekten.
Sehr gut lässt sich unser Anspruch Geschichten zu bauen am Beispiel des "Ulrichshof", ein Kinderhotel mitten im Bayrischen Wald, beschreiben. In der Konzeptionsphase sind wir stundenlang durch den Wald gestreift und haben uns in die ehemaligen Ställe gesetzt. Es waren inspirierende Momente. Die Dunkelheit des Waldes hat Geschichten von Füchsen, Feen und Waldgeistern förmlich in unsere Köpfe gespült. Der Bayrische Wald wurde so zum "erzählerischen Rahmen" für die gesamte Anlage.
Die architektonischen Formen des ehemaligen Großbauernhofs sind wie ein Schutzwall rund um das neu konzipierte Ensemble im Kern der gesamten Struktur. Der Seele des Alten wird gewissermaßen zeitgenössischer Schwung verliehen, dem lange verborgenen wird eine neue Bühne gebaut. Die verglasten Oberflächen der Lobby und des Verbindungsganges lösen die Bauvolumen auf und setzen den Bayrischen Wald in den Vordergrund. Das Wesen des Waldes wird zum gestalterischen Prinzip im Innenraum. In enger Zusammenarbeit mit der Kinderpsychologin Diana Gallmeier haben wir diesem gestalterischen Prinzip Formen und Hüllen verliehen. Jeder Bereich und jeder Raum wurde so zu einem besonderen Ort mit seiner ganz eigenen Geschichte, seinem Märchen.
Auch der "Valentinerhof" in Seis am Schlern in Südtirol erzählt seine ganz eigenen Geschichten. Der Umbau des 4 Sterne Superior Hotels bekam von uns den Titel "Des Schlern stilles Theater", das Hotel als Bühne für das beeindruckende Massiv des Seiser Hausberges.
Zusammen mit dem Produktdesigner Jacob Maurer versuchten wir Antworten auf grundlegende Fragen wie "Was ist ein Spa?" zu finden. Die Besucher eines Wellness-Hotels sind auf der Suche nach Erholung und Entspannung. Wichtig dabei ist auch der Ort mit all seinen Gegebenheiten und Eigenschaften. Ein Hotel inmitten der Dolomiten mit weitem Blick auf Berge und Täler. Drumherum ein Pool mit Tauchbecken zur Erfrischung nach dem Saunagang, eine Seelandschaft mit Floß zum genießen. Ein perfekter Ort um die Seele baumeln zu lassen.
Die baumelnde Seele wird in einer Lichtinstallation im Eingangsbereich des Wellness Hotels verkörpert. Die 40 aufgehängten Glaselemente in tropfen-ähnlicher Form befinden sich in perfektem Gleichgewicht zueinander. Dieser Balanceakt ist als Metapher für das Suchen nach dem Gleichgewicht der Seele zu verstehen. Die Glaselemente wurden nicht nach Gutdünken zu einem Tropfen modelliert, sondern in heißem Zustand an einen großen Felsbrocken gedrückt und geblasen. Der Felsbrocken entstammt den Dolomiten, der natürlichen Umgebung des Valentinerhofs. Am Ende ist die Installation keine Lampe, sondern erleuchtet als Installation von Innen heraus sowohl Raum als auch Betrachter.
3. Ihr schwebender Pool im Hotel Hubertus hat international Aufsehen erregt. Was ist die Konzept-Idee hinter dem Projekt und wie wurde sie umgesetzt?
Unser Bauplatz liegt mitten in den Dolomiten, einem UNESCO-Weltnaturerbe. Man bewegt sich hier an der Grenze zwischen urbaner Landschaft und hochalpiner Wildnis. Schroffe Felsen, Bergseen mit glasklarem Wasser, eine Flora und Fauna die den Atem rauben. Die Erhabenheit dieser Landschaftszüge und Gesteinsformationen hinterlässt natürlich einen bleibenden Eindruck. Metaphorisch greift der Pool genau diese Eindrücke auf: ein großer, von Wasser umspülter Findling, der an der Schnittstelle zwischen bestehendem und neuem thront, zwischen Himmel und Erde oszilliert. Die Schwimmer tauchen in einen Bergsee ein, schwimmen ins nichts und werden eins mit der Landschaft. Das war unsere Vision.
Bei der Umsetzung gingen wir möglichst kompromisslos vor und haben auch auf kleinste Details geachtet: Die betonierte Grundstruktur, die Verglasung und Verfliesung mussten unserem Konzept entsprechen und das Bild des vom Wasser umspülten Findlings reproduzieren. Anzahl, Abstände und Neigungswinkel der notwendigen Stützen unterhalb des Pools wurden von uns in Modellstudien simuliert um schließlich das beste Resultat zu erzielen. Möglich wurde diese akkurate Umsetzung durch ein Team aus Planern und Firmen welche bis ans Äußerste gingen um unsere Vision Wirklichkeit werden zu lassen.
Letzten Endes geht es für uns immer auch darum, herauszufordern, die Phantasie anzuregen und Sehnsüchte zu wecken. Ich denke beides ist uns mit dem Hubertus Pool gelungen.
4. Wie hat sich die Südtiroler Architektur in den letzten Jahren entwickelt? Welchen Einfluss haben traditionelle Bauweisen auf die regionale zeitgenössische Architektur?
Tradition hat in Südtirol Tradition, vor allem in den Köpfen. Neues kommt bei uns deswegen immer etwas später an. Das ist nicht zwingend ein Nachteil. Es gibt uns Architekten die Möglichkeit, das Thema des kohärenten Zusammenspiels zwischen neuen Einflüssen und traditionsreichen Elementen immer wieder aufs Neue zu behandeln. Dieses immer wiederkehrende Gedankenspiel hat dazu geführt, dass es bei zeitgenössischer Architektur in Südtirol nicht unbedingt darum geht, bestimmte traditionelle Merkmale wie Satteldach und Erker aufzugreifen, sondern auf eine etwas subtilere Art und Weise Neues und Altes zu kombinieren. Dabei geht es oft vordergründig um das Wesen eines Ortes und weniger um die tatsächlich gebaute Substanz. Dieser Ansatz hat der Architekturlandschaft in Südtirol sicher gut getan und großartiges hervorgebracht.
Die große Herausforderung sehe ich in Zukunft sowieso eher in der Städteplanung. Südtirol verfügt durch seine geographische Lage über stark begrenztes Bauland. Die Bedürfnisse künftiger Generationen müssen vorgedacht werden um in der Entwicklung von Dörfern und Städten heute schon berücksichtigt werden zu können. Es gilt uns Architekten, auf urbanistischer Ebene, möglichst nachhaltige Planungsinstrumente zur Verfügung zu stellen die auf Jahrzehnte ausgelegt sind. Dabei darf es nicht nur um nackte Zahlen wie Bevölkerungszuwachs und notwendige Wohnfläche gehen. Vor allem soziale Aspekte wie Zuwanderung und das Altern unserer Gesellschaft müssen berücksichtigt werden. Hier hat Südtirol sicher Nachholbedarf.
5. Wo ist Ihr Lieblingsort in Ihrer Heimat und außerhalb? Warum?
In Südtirol verbinde ich viele Orte mit schönen Erinnerungen. Die Sommermonate verbrachten wir in meiner Kindheit immer in Villnöss (Südtirol), die monumentale Berglandschaft hat mich damals schon beeindruckt. An diese Urlaube denke ich heute noch gerne zurück, sie haben meine Liebe zur Natur geweckt.
Wenn ich verreise dann am liebsten ans Meer, dort kann ich am besten entspannen.
"Der Pool greift genau diese Eindrücke auf: ein großer, von Wasser umspülter Findling, der an der Schnittstelle zwischen bestehendem und neuem thront, zwischen Himmel und Erde oszilliert."
Andreas Profanter, Architektur und Partner bei noa*


















"Tradition hat in Südtirol Tradition ... Neues kommt bei uns deswegen immer etwas später an. Das ist nicht zwingend ein Nachteil. Es gibt uns Architekten die Möglichkeit, das Thema des kohärenten Zusammenspiels zwischen neuen Einflüssen und traditionsreichen Elementen immer wieder aufs Neue zu behandeln ..."
Andreas Profanter, Architektur und Partner bei noa*