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5 Fragen an ... Daniel Wöllenstein – Form und Farbe
Zur englischen Version: hier.
1. Was ist das KunstWerk?
Das KunstWerk ist Deutschlands größtes selbstverwaltetes Atelierhaus. Zumindest steht es so seit einigen Jahren auf unserer Homepage, ob es noch stimmt weiß ich nicht ... Lokalisiert in einem alten Fabrikgebäude in Köln-Mülheim arbeiten 150 Künstler, Musiker und Designer in 88 Ateliers und 12 Proberäumen, welche wiederum fast alle Kunstgattungen und Musikrichtungen bedienen. Es gibt eine Ausstellungshalle und einen Veranstaltungskeller. Das Haus wird durch einen ehrenamtlichen Vorstand, bestehend aus sechs jährlich gewählten Mitgliedern geleitet, unterstützt durch zwei Gremien, welche sich um das Ausstellungsprogramm und die Vermietung der Ateliers kümmern. Daneben gibt es vier feste Angestellte, die sich um die Haustechnik, Buchhaltung, Kulturmanagement und Gebäudereinigung kümmern.
2. Wie hat sich das Atelierhaus in den vergangenen Jahren verändert? Wie sehen Sie seine zukünftige Entwicklung?
Der Bezug des Hauses und Gründung des Vereins fand 1995 statt. In den ersten Jahren bestand die Gemeinschaft vielfach nicht nur aus Künstlern, sondern war eher eine anarchistisch geprägte Ansammlung verschiedenster Persönlichkeiten. Die Arbeitssituation war keineswegs gesichert, sondern das Haus mit seinen Mitgliedern befand sich in einem geduldeten Mietverhältnis, welches wiederholt von Auflösung bedroht war. 2003 konnte der damalige Vorstand einen 30jährigen Pachtvertrag erwirken, was natürlich eine ganz andere Arbeitssicherheit herstellte, aber auch die Pflicht der eigenständigen Sanierung und Brandschutzsicherung mit sich brachte.
Um den Wildwuchs im Haus etwas einzudämmen, wurde dann irgendwann ein Vermietungsausschuss ins Leben gerufen, welcher die Atelierinteressenten hinsichtlich ihrer künstlerischen Arbeit und ihrer persönlichen Kompatibilität fürs Haus im Vorfeld aussuchte. Seit dem hat sich die Künstlerschaft im Haus zunehmend professionalisiert. Hervorzuheben ist auch die Arbeit unseres Ausstellungsausschusses. In den letzten Jahren wurde mit PIK (Projektraum im KunstWerk) ein Ausstellungsprogramm initiiert, welches das KunstWerk zunehmend bekannter gemacht hat und sich durch eine sehr hohe künstlerische Qualität der externen und hausinternen Künstler in den einzelnen Ausstellungen auszeichnet. Zukünftig sehe ich das Potential des Hauses sich weiter im Kunstbetrieb zu vernetzen und dabei einen Bekanntheitsgrad deutlich über Köln hinaus zu erreichen. Damit einhergehend wird unser Veranstaltungskeller zukünftig wieder mit Lesungen und Konzertreihen belebt werden, aktuell stehen dem noch ein paar baurechtliche Hürden entgegen, allerdings sind diese zeitlich abzusehen und Interessenten für Veranstaltungen stehen in den Startlöchern.
3. Alle zwei Jahre verleiht der Freundeskreis des KunstWerk einen Kunstpreis. Was steht hinter der Idee dieses Preises und was zeichnet die diesjährigen Nominierten aus?
Der Freundeskreis fördert unser Haus schon seit einigen Jahren. Neben allgemeiner Unterstützung des Hauses, realisiert der Freundeskreis mit dem Kunstpreis eine ganz konkrete Förderung einzelner Künstler. Die Motivation der Künstler im Haus sich für den Preis zu bewerben ist sehr hoch und bietet mit der abschließenden Ausstellung der fünf "Shortlist-Künstler" eine perfekte Möglichkeit die einzelnen künstlerischen Positionen gegenüberzustellen.
Die Arbeit der 5 Nominierten im Detail zu beschreiben würde den hier zur Verfügung stehenden Rahmen sprengen und in der Kürze kann man den Einzelnen nur schwer gerecht werden. Allen Künstlerinnen und Künstler gemein ist aber, eine herausragende Eigenständigkeit in ihren Arbeiten, in denen eine konzentrierte, detaillierte Auseinandersetzung mit ihrem jeweiligem Sujet auf Höhe des Zeitgeists zu finden ist.
4. Sie sind selbst Künstler. Was ist der Schwerpunkt Ihrer Arbeit?
Ich bin Maler. Der Schwerpunkt liegt – sehr stark verkürzt - in der Auseinandersetzung mit Farbe und Form im Prozess der Arbeit. Das Sujet wandelte sich in den letzten Jahren weg vom Figurativen, immer stärker in rein abstrakte Arbeiten. Dabei gibt es immer wieder Momente in denen ich den Punkt des "fertigen Bildes" verpasse und darüber hinaus male. Im Endeffekt resultiert dies dann in Arbeiten, die mitunter vor dem endgültigen Zustand bis zu zehn fast komplette vorherige Bilder unter den abschließenden Schichten verbergen. Dementsprechend wirkt die Oberfläche der Bilder häufig sehr roh und "narbig" und bekommt dadurch eine eigene, dem Material inhärente Ästhetik, die ich sehr schätze. Teilweise kann diese Arbeitsweise aber auch sehr frustrierend sein, wenn man dreißig Bilder gemalt hat und letztlich stehen drei im Atelier. Manchmal - ganz selten – passt es aber auch schon nach der ersten Schicht.
5. Wo ist Ihr Lieblingsort in Ihrer Heimatstadt und außerhalb?
Das ist sehr schwer zu beantworten, da viele Orte so unterschiedliche Vorzüge haben, dass ich sie kaum in eine Rangfolge bringen könnte. Das KunstWerk bzw. das komplette Areal mit seinen Gebäuden, Werkstätten und Menschen ist aber definitiv vorne dabei. Das Odonien mit seiner Verquickung von roher Stahlkunst und der Mad Max-Atmosphäre und den dort stattfindenden Veranstaltungen würde ich in Köln auch mit vorne sehen. Außerhalb? Kein konkreter Ort – ich denke es hätte was mit hohem Gebirge, roher Natur und relativer Menschenleere zu tun.
KunstWerk Köln
Adresse: Deutz-Mülheimer Straße 127, 51063 Köln. Das KunstWerk in Köln-Deutz ist nach Eigenaussage Deutschlands größtes selbstverwaltetes Künstler*innenhaus. Über 150 Bildende Künstler, Kunsthandwerker und Musiker arbeiten in 80 Ateliers, Werkstätten und 15 Musikstudios. Einmal im Jahr bietet „Die lange Nacht der Museen“ Einblicke in die Arbeit der Künstler. Im KunstWerk finden Wechselausstellungen, Events sowie Konzertreihen statt. Das Gebäudeensemble wurde 1908 nach Entwürfen von Otto Grah als mehrgeschossige Randbebauung und Ergänzung bestehender Bauten für die Kölnische Gummifädenfabrik (vormals Kohlstadt & Comp.) errichtet. Hergestellt wurden zunächst Gummifäden, später nahtlose Gummiwaren wie Sauger, Operationshandschuhe, Badehauben, Schwammbeutel, Schürzen und gummierte Stoffe, Isolierbänder, Armbänder, Gasballons und Scherzartikel. Ab 1934 gingen durch Düsen gepresste Gummifäden in Massenproduktion. 1972 wurde die Anlage nach Konkurs stillgelegt und das Berufsbildungszentrum der Stadt Köln zog ein. Seit 1995 befindet sich in dem denkmalgeschützten Bau das KunstWerk Köln.
Daniel Wöllenstein
wurde 1981 in Wolfhagen geboren. Er studierte von 2002 – 2009 Kunst auf Lehramt in Köln. Seit 2007 wirkt er im KunstWerk und ist seit 2016 Vorstandsvorsitzender des Vereins. Er ist als Kunstlehrer an einer Förderschule tätig und arbeitet zudem als freier Künstler.
Freunde des KunstWerk Köln e.V.
Der Freundeskreis fördert regelmäßig zwei wichtige Projekte: die jährliche Jahresgabe und den Kunstpreis, der alle zwei Jahre verliehen wird. Die Ausschreibung richtet sich ausschließlich an die Künstler*innen des KUNSTWERK. Eine Jury wählt fünf bis sechs Künstler*innen für eine Shortlist, aus dieser eine zweite Jury den Sieger bestimmt. Der Preis umfasst einen Barbetrag von 2.500 € sowie die Produktion eines Kataloges. Der Freundeskreis unterstützt zudem eine anschließende Ausstellung aller fünf nominierten Künstler im KunstWerk Köln.
Ausstellung Kunstpreis 2017
Preisverleihung: Sa., 24.6.2017, 16:30 Uhr. Ausstellung der Nominierten im KunstWerk Köln: Elke Bartholomäus, Anne Cichos, Olga Jakob, Tobias Maring, Markus Saile vom 24.6. – 8.7.2017.
Beisel Public Art Relations
Die Plattform zur Kunstförderung wurde von Günter Beisel, Mitglied des Freundeskreises, initiiert. Museen und Kunstvereine können hier ihre Pressemeldungen kostenlos platzieren. Ein wöchentlicher Newsletter wird an etwa 8.000 Feuilleton-, Kunst- und Kulturredakteure und -journalisten versandt.
Vildan Weckbach
Die Kölner Fotokünstlerin wurde in Istanbul geboren und wuchs in Deutschland und am Bosporus auf. Sie hat ihr Atelier im KunstWerk. Ihre Arbeiten wurden in nationalen und internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt. Für THE LINK fotografierte das KunstWerk.