Leuphana Zentralgebäude – Geometrien gegen Gleichförmigkeit
Reportage:Symbolträchtiger hätte der Bau kaum ausfallen können. Spitzwinklig, mit schrägen Wänden und asymmetrischen Fensterflächen in den glänzenden Fassaden aus Titanblech stellt sich das neue Zentralgebäude der Leuphana am östlichen Rand des Campus quer zu den Backsteinblocks der ehemaligen Scharnhorst-Kaserne, die der Universität in Lüneburg seit 1994 als Unterkunft dienen. Einen besseren Kontrast als die Altbauten von 1935 hätte Daniel Libeskind sich für sein provokantes Gebäude nicht wünschen können. Drei Jahre bevor er seinen ersten Entwurf skizzierte, klagte er in seiner Autobiografie "Breaking Ground" von 2004 über ... :
Der Protest war zu erwarten. Schon vor der Grundsteinlegung am 8. Mai 2011, dem bewusst gewählten Jahrestag der deutschen Kapitulation, gab es reichlich Kritik. Vor allem die Grünen und Linken im niedersächsischen Landtag sowie der ASta der Uni Lüneburg nannten die geplanten 58 Millionen Euro für das Projekt eine Fehlinvestition. Prunkbau oder Denkmal der Extravaganz waren noch die milderen Spottwörter, die öffentliche Häme nahm vor allem nach den Verzögerungen im Bau und dem Anwachsen der Kosten auf über 100 Millionen deutlich zu. Im März 2017 mit drei Jahren Verspätung eröffnet, nimmt der Bau mit dem Wintersemester den Betrieb auf. Nun muss sich zeigen, wie er sich im Alltag bewährt.
Der Anspruch ist hoch. Die Leuphana hat für ihre 9.000 Studenten ein besonderes Studienmodell mit interdisziplinärem Profil ersonnen. In ihren vier Fakultäten für Bildung, Kultur, Wirtschaft und Nachhaltigkeit setzt sie stark auf sozioökonomische Verantwortung und die Verzahnung von Wissenschaft und Praxis. Ästhetisch herausfordernd und ökologisch bedachtsam, mit einer Vielzahl wechselnder Perspektiven und offen für Begegnungen, soll die Architektur des Zentralgebäudes die Neugier auf Wissen und die Lust am Austausch stärken helfen.
Zur ersten Orientierung empfiehlt es sich, das komplexe Gebilde zu umwandern. Meter um Meter verschieben sich die vier Baukörper gegeneinander, verändert sich die perspektivische Tiefe, überrascht der Variantenreichtum geometrischer Formen. Nicht minder erstaunlich ist das Erleben der Räume im Innern, ihr stimulierendes Design und die Vielfalt ihrer Funktionen.
Leuphana Universität Lüneburg
ist eine Stiftungsuniversität in Lüneburg in Niedersachsen. Sie wurde im Jahre 1946 als Pädagogische Hochschule Lüneburg gegründet. Sie hat heute in Lüneburg drei Standorte: Der zentrale Campus an der Scharnhorststraße wird bestimmt durch die Backsteinarchitektur der Kasernenbauten aus den späten 1930er Jahren mit rund 20 Gebäuden, modernen Hörsaal- und Bibliotheksbauten und verschieden gestalteten Gartenzonen. Auf diesem Gelände entstand in den 2010er Jahren der Zentralbau von Daniel Libeskind. Anfang 2003 wurde die Universität in eine Stiftung des öffentlichen Rechts umgewandelt. Gemäß dem Beschluss der niedersächsischen Landesregierung von 2004 fusionierte sie zum 1. Januar 2005 mit der Fachhochschule Nordostniedersachsen. Die neue Institution dient als Modelluniversität zur Umsetzung des Bologna-Prozesses. Der Name Leuphana leitet sich von einer antiken Siedlung an der Elbe her, die im Weltatlas des Geografen Ptolemäus aus dem 2. Jahrhundert erwähnt wird. Es ist strittig, ob der eingezeichnete Ort dem heutigen Lüneburg entspricht. Neuere Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass die historische Siedlung dem heutigen Hitzacker − ca. 45 km östlich von Lüneburg − entspricht (mit Material von Wikipedia).
Daniel Libeskind
Geboren am 12.5. 1946 in Łódź, Polen. US-amerikanischer Architekt und Stadtplaner polnisch-jüdischer Herkunft. Er ist bekannt für seinen multidisziplinären Ansatz und einen kritischen Diskurs in der Architektur. Zu seinen Hauptwerken gehören kulturelle Einrichtungen, wie das Jüdische Museum Berlin, das Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück, das Denver Art Museum und das Imperial War Museum North in Manchester, aber auch Landschafts- und Stadtplanungen sowie Entwürfe von Ausstellungen, Bühnenbildern und Installationen. Das Studio Daniel Libeskind wurde nach dem Gewinn des Wettbewerbs zum Bau des Jüdischen Museums in Berlin von Daniel Libeskind und seiner Partnerin Nina Libeskind 1989 in Berlin gegründet. 2003 zog das Büro nach New York. Die ersten Pläne für das am 3. November 2014 eröffnete One World Trade Center in New York wurden von ihm gefertigt.