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Flughafen Köln/Bonn – Mit Fanfaren und 007
Reportage: Architektur kann nicht nur gut aussehen, sondern kann auch gut klingen. Der Köln-Bonner Flughafen (CGN) hat Corporate Architecture und Corporate Acoustics auf eine vertrauenserweckende und angenehme Art zusammengeführt, die den Flughafen akustisch sofort erkennbar macht. Denn die deutsche Synchronstimme von James Bond (Frank Glaubrecht als Pierce Brosnan) ist der Geräusch-Begleiter im Flughafen, verbunden mit einem Jingle, den man einfach gern haben muss, so geschmeidig wie er sich in die Gehörgänge kuschelt. Der Klang hat etwas spielerisches, der zum Werbespruch des Flughafens passt: "so simple". Kinderleichte und klare Baukunst mit einer unverwechselbaren Flughafenfanfare.
Akustik, Architektur, Airport
Wer die ausgedehnten XXL-Airports in anderen Weltgegenden kennt, hat hier eine Übersichtlichkeit, die kurze Wege mit einer für alle Reisenden lesbaren Struktur verbindet. CGN ist ein aus der Zeit gefallener Komplex, der allein schon wegen seines altmodischen Konzepts aus dem heute üblichen mega-giga-Rahmen fällt. Beinah eine Tegelisierung des Fliegens. Der 1974 fertiggestellte Berliner Flughafen Tegel (TXL) von Gerkan, Marg und Partner (gmp) ähnelt dem 1970 eröffneten Terminal von Paul Schneider von Esleben (PSE). Beide Anlagen stehen beispielhaft für die Architektur der 1960er- und 1970er-Jahre und für das Konzept des ersten Drive-In-Airports der Welt. Diesen hatte PSE zusammen mit Lufthansa entwickelt: noch heute können Fluggäste von der Autobahn direkt zu den Terminals fahren. Der Flughafen ist von der A 3 und der A 59 umrahmt. Der Übergang vom Zubringer L 84 in das Areal geschieht nahtlos. Die Verbindung zwischen Auto und Flugzeug sollte so kurz wie möglich sein. Sie ist es bis heute geblieben.
Dafür plante PSE ein 500 Meter langes terrassenförmiges Empfangsgebäude, das zwischen zwei sternförmig angelegten Seitenflügeln thront. Zufahrtswege verbinden die Baukörper, dazwischen sind Parkplätze. Im Inneren: offene gelegte Sichtbetonkonstruktionen, der entgegen seiner Entstehungszeit keine erdige Brutalismusschwere ausstrahlt. Im Gegenteil, durch die Auslassungen und geometrische Formen wirken Gänge, Wände und Decken leicht und licht.
Drei Jahrzehnte später wurden die Terminals auch ans Schienennetz der Deutschen Bahn angebunden werden. Dazu konzipierten Murphy Jahn Architects (mit Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH) einen knapp 20 Meter tiefen Bahnhof mit einem 156 Meter langen, gewölbten Glasdach. Von der Glasstation sind es nur wenige Minuten bis zu den Abfertigungsschaltern. Zwar ist der PSE-Flughafen seiner Kurze-Wege-DNS treu geblieben. Schneider von Esleben war jedoch alles andere als glücklich mit den Erweiterungen, vor allem mit der ebenfalls von Jahn entworfenen Tonnendach-Halle vor dem alten Hauptgebäude. So sehr, dass PSE die Betreibergesellschaft des Flughafens wegen Verletzung des Urheberrechts auf Schadensersatz verklagte. Der mustergültigen Verkehrsanbindung und passenden Erweiterung der Drive-In-Idee aber tat das keinen Abbruch. Die Corporate Architecture des Flughafens wurde für den Zeitgeist des 21. Jahrhunderts fit gemacht: mehr Shopping, mehr Stahl und mehr Glas.
Der Flughafen ist beliebt. Was auch mit seinem Rang als Low-Cost-Drehkreuz in Deutschland zu tun hat, das inzwischen mehrfach zum besten Regional-Flughafen Europas gekürt wurde. Wäre CGN größer und hätte er mehr als die durchschnittlichen 10–12 Millionen Fluggäste im Jahr, gäbe es mit Sicherheit Reibereien mit der Landeshauptstadt. Düsseldorf kann gerne einen großen, internationalen Businessflughafen haben. Dafür ist der kleine Köln-Bonner Flughafen handlicher. Und hörbarer.
"Willkommen in Bonn, Köln-Bonn!"
Flughafen Köln-Bonn (CGN)
Verkehrs- und Luftfrachtflughafen in einer der am dichtesten besiedelten Regionen Europas. Etwa 16 Millionen Menschen leben und arbeiten im Umkreis von 100 Kilometern um den Flughafen. Jährlich reisen zwischen 10–12 Millionen Passagiere von CGN, der deutschlandweit Platz 6 belegt. Fast 30 Airlines fliegen von hier zu 129 Zielen. Mit 786.000 Tonnen Luftfracht (Stand 2016) liegt der Flughafen auf Platz drei in Deutschland und in den Top-Ten in Europa. Auf der Arbeitsstätte sind über 14.000 Menschen direkt beschäftigt. In der Region hängen 26.000 Jobs vom Flughafen ab. Bei der Flughafengesellschaft sind 1.800 Menschen angestellt. Der erste Terminal wurde 1970 eröffnet und vom Architekten Paul Schneider von Esleben (PSE) entworfen. Die Erweiterung „Stairwalk“ wurde von Helmut Jahn geplant, ebenso Terminal 1 (Eröffnung: 2000) und der Bahnhof (Eröffnung: 2004). Die Erweiterungen und Ergänzungen durch Jahn fügen sich gut in das Drive-In-Konzept von PSE, der einen Flughafen der kurzen Wege geplant hatte. Heute ist CGN über Autobahnen und Schnellstraßen sowie mit ICE, S-Bahn und Regionalexpress direkt zu erreichen.
Paul Schneider von Esleben (PSE)
voller Name: Prof. Dr. Paul Maximilian Heinrich Schneider von Esleben. geboren 23.8.1915 in Düsseldorf, gestorben 19.5.2005 in Hausham bei Fischbachau in Oberbayern. P.S.E. war ein deutscher Architekt und Hochschulprofessor. Der Sohn des Architekten und Denkmalpflegers Franz Schneider studierte an den Technischen Hochschulen Darmstadt und Stuttgart Architektur. Von 1947-49 arbeitete er bei Rudolf Schwarz in Frankfurt am Main. Sein erklärtes Vorbild war allerdings Ludwig Mies van der Rohe. Vor allem über Aufträge von rheinischen Industriellen wurde er später zu einem der führenden Architekten der 1950er und 1960er Jahre. Zu seinen Werken zählen Ikonen der deutschen Nachkriegsmoderne wie das Mannesmann-Hochhaus und die Haniel-Garage in Düsseldorf, sowie die Düsseldorfer Rochus Kirche, das Wuppertaler Sparkassen-Gebäude und der Köln-Bonner Flughafen.
Helmut Jahn
Geboren 1940 in Zirndorf bei Nürnberg. Deutscher Architekt. Architekturstudium 1965 an der Technischen Universität München mit Diplom beendet. 1967 trat er in das Büro C. F: Murphy Associates von Charles Murphy (1890–1985) ein. Bei Leitungsübernahme des Büros (1983) wurde es zu Murphy/Jahn umbenannt. Zu den bekanntesten Werken des Büros gehören unter anderem der Frankfurter Messeturm (Fertigstellung: 1991), das Sony Center mit Bahntower am Potsdamer Platz in Berlin (2000) und der Flughafen Bangkok-Suvarnabhumi (2005). Das Büro hat Standorte in Chicago, Berlin und Shanghai.