Museum für Zeitgenössische Kunst Belgrad – Verschachtelt und gedreht
Der Stadtteil Novi Beograd steht exemplarisch für die eigenständige Nachkriegsmoderne des ehemaligen Jugoslawiens: experimentell, differenziert und mit regionalem Bezug. Errichtet wurde die Gebirgslandschaft aus Betontürmen westlich des historischen Belgrader Zentrums ab dem 11. April 1948. Heute hat der Bezirk etwa 400.000 Einwohner.
Einen architektonischen Höhepunkt bildet das Museum für Zeitgenössische Kunst (Muzej savremene umetnosti Beograd) am Ufer der Save, ganz in der Nähe des Zusammenflusses mit der Donau. Das Haus gilt als der wichtigste Museumsbau des Zweiten Jugoslawiens. Zehn Jahre blieb es wegen Renovierungsarbeiten und zahlreicher Korruptionsskandale für Besucher geschlossen. 2017 wurde es wiedereröffnet. 8.000 Werke bedeutender Künstler*innen aus dem gesamten Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens zählt die Sammlung des Museums. Beim Gebäude geht es gedreht und verschachtelt zu. Die Architekten Ivan Antić und Ivanka Raspopović kombinierten gekonnt sechs doppelstöckige Würfel. Durch die Abfasungen der Volumina entstand der charakteristische kristalline Eindruck des Bauwerks. Verstärkt wird dieser durch reichlich Glas und eine Verkleidung aus hellem Venčac-Marmor. Der Ausstellungsraum selbst erstreckt sich über viele verschiedene Ebenen und Zwischengeschosse, die kaskadengleich ineinanderfließen. Trennwände gibt es hier nicht. Große Glasflächen eröffnen Panoramen in die Umgebung und lassen viel natürliches Licht in den Saal und die Kabinette. Errichtet wurde das Museum zwischen 1960 und 1965. 1987 wurde es zum Kulturgut ernannt. Seit 2017 sind das Haus und seine Kunst endlich wieder allen zugänglich. Ein echter Gewinn für die serbische Hauptstadt.
Muzej savremene umetnosti Beograd
Das Belgrader Museum für Zeitgenössische Kunst wurde am 20. Oktober 1965 eröffnet. Die Tätigkeit des Museums begann jedoch bereits 1958, als der Kulturrat des Belgrader Volkskomitees die Moderne Galerie gründete. Deren Aufgabe war es, die Entwicklung der zeitgenössischen Kunst in Jugoslawien zu überwachen. Der Exekutivrat der Sozialistischen Republik Serbien beschloss, ein Gebäude zu errichten, das den Standards moderner museologischer Prinzipien entspricht, und teilte ihm einen Standort in Neu Belgrad, am Zusammenfluss der Sava und der Donau gegenüber der Belgrader Festung zu. Ein offener Wettbewerb für das Neubauprojekt wurde 1960 ausgeschrieben, den die Architekten Ivan Antić und Ivanka Raspopović gewannen. Bei der Eröffnung des Museums erhielten sie für deren Architektur den Oktober-Preis der Stadt Belgrad. Nach der Fertigstellung des Neubaus erhielt der Rat der Modernen Galerie den neuen Namen “Museum für Zeitgenössische Kunst“. Der erste Direktor des Museums war Miodrag B. Protić. (Quelle: Muzej savremene umetnosti Beograd). Adresse: Ušće 10, blok 15, 11070 Novi Beograd, Serbien. Öffnungszeiten Mi.–Mo. 10– 18 Uhr, Do. 10– 22 Uhr, Di. geschlossen
Ivan Antić
Der serbische Architekt und Akademiker gilt als einer der besten Nachkriegsarchitekten Jugoslawiens. Er studierte von 1945 bis zu seinem Abschluss 1950 in Belgrad. Während des Studiums arbeitete er für das Verkehrsministerium und von 1950 bis 1953 für das "Jugoprojektbüro", wo er Stanko Kliska und Vojin Simeonovic (beide berühmte Architekten im ehemaligen Jugoslawien) kennenlernte und praktische Fähigkeiten seines Berufs erlernte. Nach 1957 begann er eigene Projekte zu entwerfen. Er wurde zunächst Assistent und später Professor an die Fakultät für Architektur der Universität Belgrad. Antić war Mitglied der Serbischen Akademie (SANU). Seine Gebäude gelten als Meisterwerke der serbischen Moderne. Zu seinen Hauptwerken zählen das Museum im Gedenkpark Šumarice in Kragujevac und das Museum für Zeitgenössische Kunst in Belgrad. An beiden Projekten arbeitete er gemeinsam mit der Architektin Ivanka Raspopović. Antić starb 2005 in Belgrad.
Ivanka Raspopović
Die Architektin gilt als eine der bedeutendsten der jugoslawischen Moderne. Sie wurde 1930 in Belgrad geboren, studierte Architektur an der Universität Belgrad und schloss ihr Studium 1954 ab. Gemeinsam mit ihrem Mann Dragan Raspopović ging sie 1954 zur Baufirma Rad. 1955 wechselte sie zur Baufirma Srbijaprojekt, wo sie bis 1960 blieb. Raspopović baute die zweite Phase des Belgrader Flughafens und war federführend bei der Planung eines Fabrikkomplexes in Jagodina. Zudem errichtete sie einen Speisesaal für Arbeiter in Obrenovac, ein Tuberkulosekrankenhaus in Prizren, ein Kühlhaus bei Tetovo und ein Kaufhaus in Bečej. Gemeinsam mit dem Architekten Slobodan Mihajlović entwarf sie einen Industriekomplex in Priboj. Von 1961 bis 1964 arbeitete Raspopović, oft gemeinsam mit dem Architekten Stanko Mandić, für die Firma Zlatibor. In Zusammenarbeit mit Ivan Antić entwarf Raspopović das Museum im Gedenkpark Šumarice in Kragujevac und das Museum für Zeitgenössische Kunst in Belgrad. Raspopović war Mitglied der Serbischen Akademie für Architektur. Sie starb am 8. Juni 2015.