Fünf Jahre Werkraum Bregenzerwald von Peter Zumthor: Speicher, Schaukasten, Schatzkammer – Architektur in Andelsbuch
Andelsbuch. Österreich. Sponsored. Der Werkraum Bregenzerwald ist Präsentationsplattform, Impulsgeber und in einem Gebäude, das Anspruch und Ambition architektonisch wiedergibt. Vor fünf Jahren wurde es fertiggestellt. Zu Besuch im Peter Zumthor-Bau, im Depot und in der Ausstellung.
"Humility resides alongside strength. While some have called his architecture quiet, his buildings masterfully assert their presence, engaging many of our senses, not just our sight but also our senses of touch, hearing and smell."
Pritzkerpreis-Jury zur Ehrung von Peter Zumthor 2009
Ein schlanker, filigraner Glaskörper. Mit feinen Linien und einem wuchtigen Dach. Minimalistisch, transparent und selbstbewusst. Das Gebäude an der Hauptstraße fällt auf. Im Sommer 2013 wurde es fertiggestellt. 2008 erhielt der Schweizer Architekt Peter Zumthor den Planungsauftrag für einen Versammlungsort und eine Präsentationsplattform der Handwerkskultur des Werkraum Bregenzerwald. Zumthors Entwurf fasst zwei Kernpunkte architektonisch zusammen: zum einen dient der 764 Quadratmeter große Raum als Platz der Zusammenkunft. Zum anderen ist er eine Vitrine und ein Schaufenster zur Handwerkskultur der Region. Die wichtigsten Elemente des Baus sind das weit auskragende Holzdach, das auf 14 Stützen und Betontürmen liegt und die Glasfassade, die den großen Raum umfasst. Drinnen hält der Transparenzbau was er von außen verspricht, die Trennung scheint wie aufgehoben. Zur einen Seite der Blick auf die Landesstraße 200, zur anderen die Berghöhen von 1600 bis knapp 1900 Meter. Respektvoller kann ein Gebäude nicht gestaltet sein. Dass der Innenraum bei aller Bescheidenheit sehr selbstbewusst und kantig daherkommt, liegt an der imposanten Höhe der Holzdecke, der dunklen Farbgebung und der Zurschaustellung des Abnutzungsprozesses. Hier ein Riss, dort eine Macke und es wird klar, dass ein Gebäude mit Würde altern kann. Thomas Geisler, der Geschäftsführer und Leiter des Werkraum, betont, dass die Transparenz zudem eine „soziale Funktion erfüllt“. Die Blicke von außen fallen auf die langen Bänke und Tische, womit „auch das Bild der Markthalle hervorgerufen wird.“ Dass sich Besucher der Ausstellung mit den Handwerkern der Region und auswärtigen Touristen mischen ist dabei mehr als gewollt. Schließlich versteht sich der Werkraum nicht als abgeschlossener Zirkel. Dass die Handwerkskunst angefasst, gefühlt, gerochen werden kann, ist gut an den Leuten im Museumsshop zu sehen. Hier wird deutllich, dass handwerkliche Qualität seinen Preis hat. Ramsch gibt es woanders. Auch das eine Botschaft des Werkraums.
„Traditionelles Handwerk bedeutet im Bregenzerwald altes Wissen mit neuen Technologien und zeitgenössischer Gestaltung in eine zeitlose Formensprache überzuführen“, so Werkraum-Geschäftsführer Thomas Geisler. Jedes Stück, ob Unikat oder Kleinserie, mache Freude über Generationen hinweg, so der Leiter weiter. Im Depot im Untergeschoss des Werkraum kann das eindrücklich erkundet werden. Dort stehen die Hauptakteure: Stühle, Liegen und Betten, Filzschuhe, Trachten und Teppiche. Vor der Fertigstellung des Zumthor-Gebäudes befand sich von 2006 bis 2013 der Schauraum des Werkraum im wenige Kilometer entfernten Schwarzenberg. Wir empfehlen bei einem Besuch des Werkraum auch eine Führung im Depot anzufragen. Denn in dem kleinen Raum wird die ganze Qualität und das Niveau des zeitgenössischen Handwerks der Region sicht- und erlebbar.
Dass die Natur eine gute Baumeisterin ist, haben wir bereits in dem prachtvollen Bildband Architektier von Ingo Arndt festgestellt. Mit der Ausstellung „Alphabet des Lebens“ vom 23.6.–6.10.2018 zeigt der Werkraum nun was der Mensch von der Natur lernen kann. Biomimikry heißt der Fachbegriff für die Nachahmung der Natur. Wie effizient ist die Natur? Wie ressourcenschonend? Wie intelligent? Die Antworten darauf liefert die Schau, indem Biologen, Handwerker und Designer zusammenarbeiten, um die Muster, Abläufe und die Bedeutung für die Menschen zu erforschen. Den Kuratorinnen Elisabeth Kopf (Projekt- und Kommunikationsdesignerin) und der Biomimicry-Expertin Dr. Regina Rowland ist wichtig, dass „Alphabet des Lebens“ ein übergreifenes Forschungs-, Bildungs- und Ausstellungsprojekt ist und Fachleute wie Laien, Kinder, Jugendliche und Erwachsene am „Design Table“ versammeln soll – dem gemeinsamen Arbeitsort im Biomimicry-Prozess. Die Architekten Claus Schnetzer und Gregor Pils von SchnetzerPils ZT aus Wien haben das Ausstellungsdesign verantwortet, das zum Werkraum passt: reduziert, pointiert und ästhetisch zielgerichtet.
"Die Schönheit eines von Menschenhand geschaffenen Objektes habe ich, solange ich mich erinnern kann, immer als eine besondere Präsenz der Form erfahren, als ein selbstverständliches und selbstbewusstes Dasein, das dem Objekt eigen ist."