Architektur des Optimismus –  Modernistisches Bauen in Kaunas

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6000 Gebäude der Moderne in der zweitgrößten Stadt Litauens.

Modernistisches Bauen in Kaunas

Moderne — Baltikum |  | 

Was für ein Schicksal. Die Litauer hatten nach dem Ersten Weltkrieg kaum ihren Staat von den Russen zurück gewonnen, da nahmen die Polen ihnen Vilnius mit militärischer Gewalt. Eine neue Hauptstadt musste her, die Wahl fiel auf Kaunas. Die alte Handelsstadt am Zusammenfluss von Neiris und Nemunas (Memel), umgeben von einem Ring aus neun mächtigen Forts, war eine bedeutende zaristische Garnison, auf ihre neue Funktion aber kaum vorbereitet. Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur brauchten neue Gebäude, für die rasch wachsende Bevölkerung mussten Unterkünfte geschaffen werden.

In den gut zwanzig Jahren, die Kaunas bis zum Einfall der Sowjets und der Nazideutschen blieben, ließen die öffentliche Hand und Privatleute rund zwölftausend Häuser errichten, siebzig Prozent in der traditionellen Holzbauweise, für die es keinen Denkmalschutz gibt. Von den Bauten aus Ziegel und Zement sind an die 1500 erhalten, die sich dem Modernismus zuordnen lassen. Entworfen haben sie mit erstaunlicher kreativer Energie einheimische Architekten, die vom Internationalen Stil zwar beeinflusst waren, ihm aber meist eine lokale Ausprägung gaben. 

Zusammen mit Esch-sur-Azette in Luxemburg wird Kaunas 2022 Kulturhaupstadt Europas. Eine gewichtige Rolle bei der Bewerbung spielte die modernistische Architektur, die bereits seit 2015 mit 44 Objekten in der Liste des Europäischen Kulturerbes verzeichnet ist. Doch der Ehrgeiz der zweitgrößten Stadt Litauens zielt noch höher. Unter dem Claim „Architecture of Optimism“ sieht sie gute Chancen, von der Unesco mit dem Gesamtbestand an modernistischen Bauten in das Weltkulturerbe aufgenommen zu werden.

Verlässt man die Altstadt, trifft man in der Laisvés Aleja gleich auf das Hauptpostamt. Entworfen von Feliksas Vizbaras und 1932 eröffnet, gilt es als Ikone des neuen Bauens in der Zwischenkriegszeit. Das Design der gebogenen Fassade und der großen, hellen Innenräume ist klar funktionalistisch, die Dekoration im Innern arbeitet mit litauischen Symbolen. Einst ein idealer Arbeitsplatz für die Angestellten, mit eigenen Duschen, Restaurant und Dachterrasse, ist das Gebäude inzwischen von der Post aufgegeben und wartet auf eine neue Bestimmung mit neuen Investoren.

Vernachlässigter Vorzeigebau.

Verlässt man die Altstadt, trifft man in der Laisvés Aleja gleich auf das Hauptpostamt. Entworfen von Feliksas Vizbaras und 1932 eröffnet, gilt es als Ikone des neuen Bauens in der Zwischenkriegszeit. Das Design der gebogenen Fassade und der großen, hellen Innenräume ist klar funktionalistisch, die Dekoration im Innern arbeitet mit litauischen Symbolen. Einst ein idealer Arbeitsplatz für die Angestellten, mit eigenen Duschen, Restaurant und Dachterrasse, ist das Gebäude inzwischen von der Post aufgegeben und wartet auf eine neue Bestimmung mit neuen Investoren.

Bild vergrößern (Vernachlässigter Vorzeigebau.)(Abbildung © Ludwig Moos)
Entlang der Laisvés Aleja, der Freiheitsallee, ist eine Vielzahl prägender Bauten entstanden. Darunter das Rathaus der Stadt, für das Arnas Funkas, Adolfas Lukošaitis und Bronius Elsbergas verantwortlich zeichnen. Die klare Struktur der Fassade unterstreicht die geplante Funktion der Staatlichen Sparkasse, zu der es aber nie kam, da die Sowjets den 1940 gerade fertig gestellten Bau für die Kommunistische Partei übernahmen.

Strenge Formen.

Entlang der Laisvés Aleja, der Freiheitsallee, ist eine Vielzahl prägender Bauten entstanden. Darunter das Rathaus der Stadt, für das Arnas Funkas, Adolfas Lukošaitis und Bronius Elsbergas verantwortlich zeichnen. Die klare Struktur der Fassade unterstreicht die geplante Funktion der Staatlichen Sparkasse, zu der es aber nie kam, da die Sowjets den 1940 gerade fertig gestellten Bau für die Kommunistische Partei übernahmen.

Bild vergrößern (Strenge Formen.)(Abbildung © Ludwig Moos)
Durch die Drehtür des Haupteingangs geht es mit Schwung ins Innere des Rathauses. Der große Sitzungssaal fasziniert durch seine gläserne Decke und
den Art-Déco-Wandschmuck mit dem Wappen Litauens.

Überraschender Luxus.

Durch die Drehtür des Haupteingangs geht es mit Schwung ins Innere des Rathauses. Der große Sitzungssaal fasziniert durch seine gläserne Decke und den Art-Déco-Wandschmuck mit dem Wappen Litauens.

Bild vergrößern (Überraschender Luxus.)(Abbildung © Ludwig Moos)
Über anderthalb Kilometer zieht sich die Laisvés Aleja als breite Hauptachse durch Naujamiestis, die schon zu Zeiten der russischen Garnison geplante Neustadt. Die Allee mit ihren fast sechshundert Linden widmeten die Sowjets 1982 zur Fußgängerzone um und spendierten einen Brunnen vor dem früheren Hauptsitz der Molkereigenossenschaft Pienocentras. Der gekurvte Stahlbetonbau, 1932 von Vytautas Landsbergis-Žemkalnis errichtet, enthielt Büros, Apartements, einen luxuriösen Friseursalon und im Erdgeschoss Kaufläden hinter einer Fassade aus schwarzem Labradorit und großen Schaufenstern, die von einem elektrisch erleuchteten Glasdach geschützt wurden.

Funktionale Eleganz.

Über anderthalb Kilometer zieht sich die Laisvés Aleja als breite Hauptachse durch Naujamiestis, die schon zu Zeiten der russischen Garnison geplante Neustadt. Die Allee mit ihren fast sechshundert Linden widmeten die Sowjets 1982 zur Fußgängerzone um und spendierten einen Brunnen vor dem früheren Hauptsitz der Molkereigenossenschaft Pienocentras. Der gekurvte Stahlbetonbau, 1932 von Vytautas Landsbergis-Žemkalnis errichtet, enthielt Büros, Apartements, einen luxuriösen Friseursalon und im Erdgeschoss Kaufläden hinter einer Fassade aus schwarzem Labradorit und großen Schaufenstern, die von einem elektrisch erleuchteten Glasdach geschützt wurden.

Bild vergrößern (Funktionale Eleganz.)(Abbildung © Ludwig Moos)
Das Bürohaus des Zeitungsverlags Pažanga (Fortschritt), 1934 gleich neben dem Pienocentras-Gebäude eröffnet, war mit seinem Restaurant und der Dachterrasse eine der feinsten Adressen am Boulevard Laisvés. Mieter waren auch die Nationalisten, die herrschende Partei der litauischen Republik. Als Zeichen des nationalen Stils verwendete der Architekt Feliksas Vizbaras für die Fensterlaibungen und die Balkongitter traditionelle Muster.

Prestigeobjekt.

Das Bürohaus des Zeitungsverlags Pažanga (Fortschritt), 1934 gleich neben dem Pienocentras-Gebäude eröffnet, war mit seinem Restaurant und der Dachterrasse eine der feinsten Adressen am Boulevard Laisvés. Mieter waren auch die Nationalisten, die herrschende Partei der litauischen Republik. Als Zeichen des nationalen Stils verwendete der Architekt Feliksas Vizbaras für die Fensterlaibungen und die Balkongitter traditionelle Muster.

Bild vergrößern (Prestigeobjekt.)(Abbildung © Ludwig Moos)
Etwas zurück gesetzt von der Laisvės Aleja lädt das Romuva-Kino draußen wie drinnen zum Verweilen ein. Entworfen von Nikolajus Mačiulskis und 1940 eröffnet, bot es hinter seiner Art-Déco-Fassade die modernste Technik für fast siebenhundert Zuschauer. Aufwendig wieder hergerichtet ist es heute das zentrale Arthouse-Filmtheater in Kaunas.

Kulturpalast.

Etwas zurück gesetzt von der Laisvės Aleja lädt das Romuva-Kino draußen wie drinnen zum Verweilen ein. Entworfen von Nikolajus Mačiulskis und 1940 eröffnet, bot es hinter seiner Art-Déco-Fassade die modernste Technik für fast siebenhundert Zuschauer. Aufwendig wieder hergerichtet ist es heute das zentrale Arthouse-Filmtheater in Kaunas.

Bild vergrößern (Kulturpalast.)(Abbildung © Ludwig Moos)
Ein zentraler Ort für das litauische Nationalbewußtsein ist Vienybes Aikšte, der Platz der Einheit, an der Donelaičio Straße. Seine linke Hälfte beherbergt das mächtige Vytautas-Magnus-Militärmuseum von 1936, rechts stiftet die neu gestaltete Fläche mit ihrer Randbebauung seit 2020 einen urbanen Rahmen für eines der stärksten Symbole Litauens: die von 1933 bis 1940 errichtete Auferstehungskirche Christi.

Starker Auftritt.

Ein zentraler Ort für das litauische Nationalbewußtsein ist Vienybes Aikšte, der Platz der Einheit, an der Donelaičio Straße. Seine linke Hälfte beherbergt das mächtige Vytautas-Magnus-Militärmuseum von 1936, rechts stiftet die neu gestaltete Fläche mit ihrer Randbebauung seit 2020 einen urbanen Rahmen für eines der stärksten Symbole Litauens: die von 1933 bis 1940 errichtete Auferstehungskirche Christi.

Bild vergrößern (Starker Auftritt.)(Abbildung © Ludwig Moos)

»Kaunas Modernism of 1919–1939 expands the concept of Modernism beyond the International Style by revealing a more diverse, complex fabric of numerous, often divergent, cultural, social, political and artistic trends. Kaunas Modernism is an exceptional example of rethinking architecture as a process of social, political, and cultural modernisation in the 20th century... By integrating and locally interpreting the principles of the Modern Movement, Kaunas Modernism displays a bold plurality of modern architec- tural expression in response to local needs and conditions.«

Nomination Dossier for Inscription on the UNESCO World Heritage List, Kaunas 2021
Den kontrovers geführten Wettbewerb um den Bau von Christi Auferstehungskirche, die ein Zeichen für die Wiedergeburt Litauens setzen sollte, entschied Reisonas Karolis für sich. Er verwendete modernste Techniken des Stahlbetonbaus und gliederte die Fassade mit einem vertikalen Muster, ein häufig genutztes ästhetisches Mittel des Modernismus in Kaunas. Siebzig Meter ragt der Turm der Kirche in die Höhe und ihr Bauplatz im Stadtteil Žaliakalnis, dem Grünen Hügel, macht sie weithin sichtbar. Beim Einmarsch der Sowjets 1940 war der Rohbau fertig, fünfzig Jahre lang diente er als Fabrik für militärische Radiotechnik. Erst seit 2004 erfüllt die Kirche ihre eigentliche Bestimmung. Und von ihrer riesigen Dachterrasse hat man den erhabensten Blick über die Stadt.

Nationales Wahrzeichen.

Den kontrovers geführten Wettbewerb um den Bau von Christi Auferstehungskirche, die ein Zeichen für die Wiedergeburt Litauens setzen sollte, entschied Reisonas Karolis für sich. Er verwendete modernste Techniken des Stahlbetonbaus und gliederte die Fassade mit einem vertikalen Muster, ein häufig genutztes ästhetisches Mittel des Modernismus in Kaunas. Siebzig Meter ragt der Turm der Kirche in die Höhe und ihr Bauplatz im Stadtteil Žaliakalnis, dem Grünen Hügel, macht sie weithin sichtbar. Beim Einmarsch der Sowjets 1940 war der Rohbau fertig, fünfzig Jahre lang diente er als Fabrik für militärische Radiotechnik. Erst seit 2004 erfüllt die Kirche ihre eigentliche Bestimmung. Und von ihrer riesigen Dachterrasse hat man den erhabensten Blick über die Stadt.

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In der angesagten Donelaičio Straße ließ sich Romanas Polovinskas 1932 ein seinem Status angemessenes Gebäude errichten, mit fünf Geschossen, großen Schaufenstern und einer gekurvten Fassade, wie sie in Kaunas damals beliebt war. Eines der luxuriösen Apartements bezog er selbst. Als Architekten hatte er Arnas Funkas ausgewählt.

Residenz eines Baulöwen.

In der angesagten Donelaičio Straße ließ sich Romanas Polovinskas 1932 ein seinem Status angemessenes Gebäude errichten, mit fünf Geschossen, großen Schaufenstern und einer gekurvten Fassade, wie sie in Kaunas damals beliebt war. Eines der luxuriösen Apartements bezog er selbst. Als Architekten hatte er Arnas Funkas ausgewählt.

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Das Café im Erdgeschoss des Polovinskas-Gebäudes würdigt den Architekten Funkas.

Lob des Baumeisters.

Das Café im Erdgeschoss des Polovinskas-Gebäudes würdigt den Architekten Funkas.

Bild vergrößern (Lob des Baumeisters.)(Abbildung © Ludwig Moos)
Das Wohnhaus der Familie Iljinai schräg gegenüber, gebaut 1934, gilt als Meisterwerk von Arnas Funkas. Mit den Fenstern, über Eck, gewölbt und rund, ließ er viel Licht ins Innere und schuf eine prägnante, leichtgewichtige Struktur.

Stilsicherer Familiensitz.

Das Wohnhaus der Familie Iljinai schräg gegenüber, gebaut 1934, gilt als Meisterwerk von Arnas Funkas. Mit den Fenstern, über Eck, gewölbt und rund, ließ er viel Licht ins Innere und schuf eine prägnante, leichtgewichtige Struktur.

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Die Bauern trugen in der Zwischenkriegszeit am meisten zur Wirtschaft Litauens bei. So konnte sich die Landwirtschaftskammer 1931 am Ende der Donelaičio Straße von Reisonas Karolis ein aufwendiges Gebäude errichten lassen, dessen Seitenflügel mit einer abgetreppten Fassade zum Parodos-Hügel hin auffällt. Im Innern hat sich einiges vom ursprünglichen Design erhalten.

Agrarpalast.

Die Bauern trugen in der Zwischenkriegszeit am meisten zur Wirtschaft Litauens bei. So konnte sich die Landwirtschaftskammer 1931 am Ende der Donelaičio Straße von Reisonas Karolis ein aufwendiges Gebäude errichten lassen, dessen Seitenflügel mit einer abgetreppten Fassade zum Parodos-Hügel hin auffällt. Im Innern hat sich einiges vom ursprünglichen Design erhalten.

Bild vergrößern (Agrarpalast.)(Abbildung © Ludwig Moos)
Seit 1919 hatten die Frauen Litauens das Wahlrecht und konnten auch beruflich durchstarten. Die Zahnärztin Janina Rožanskienė, die sich sozial stark engagierte, ließ sich 1939 in der Mickevičiaus Straße von Antanas Jokimas ein Apartmenthaus bauen, in dem sie auch ihre Praxis hatte. Ihren Sinn für Ästhetik könnte ein Investor brauchen, um das Gebäude zu sanieren.

Frauenpower.

Seit 1919 hatten die Frauen Litauens das Wahlrecht und konnten auch beruflich durchstarten. Die Zahnärztin Janina Rožanskienė, die sich sozial stark engagierte, ließ sich 1939 in der Mickevičiaus Straße von Antanas Jokimas ein Apartmenthaus bauen, in dem sie auch ihre Praxis hatte. Ihren Sinn für Ästhetik könnte ein Investor brauchen, um das Gebäude zu sanieren.

Bild vergrößern (Frauenpower.)(Abbildung © Ludwig Moos)
Das Haus, das der Unternehmer und Politiker Jonas Lapėnas 1932 von
Feliksas Vizbaras in der Kęstučio Straße hoch ziehen ließ, setzte Maßstäbe für anspruchsvolles Wohnen. Zu den zwei Apartments auf jeder Etage, die das Personal über ein gesondertes Treppenhaus mit Fahrstuhl erreichte, kam im Dachgeschoss ein Gemeinschaftsraum mit Kamin. Unterstrichen wird die Modernität durch die strenge Geometrie der Fassade, zu der die Fensterbänder mit ihren horizontalen Einfassungen und die Metallbänder der Balkone beitragen.

Erste Adresse.

Das Haus, das der Unternehmer und Politiker Jonas Lapėnas 1932 von Feliksas Vizbaras in der Kęstučio Straße hoch ziehen ließ, setzte Maßstäbe für anspruchsvolles Wohnen. Zu den zwei Apartments auf jeder Etage, die das Personal über ein gesondertes Treppenhaus mit Fahrstuhl erreichte, kam im Dachgeschoss ein Gemeinschaftsraum mit Kamin. Unterstrichen wird die Modernität durch die strenge Geometrie der Fassade, zu der die Fensterbänder mit ihren horizontalen Einfassungen und die Metallbänder der Balkone beitragen.

Bild vergrößern (Erste Adresse.)(Abbildung © Ludwig Moos)
In der Hügellandschaft von Žaliakalnis fand Litauens langjähriger Premier Juozas Tūbelis den passenden Bauplatz mit Panoramablick. Er beauftragte Feliksas Vizbaras, der 1933 in der Dainavos Straße eine repräsentative Villa schuf, die sich auch für Empfänge eignete. Heute ist hier eine Kunstschule untergebracht.

Villa im Grünen.

In der Hügellandschaft von Žaliakalnis fand Litauens langjähriger Premier Juozas Tūbelis den passenden Bauplatz mit Panoramablick. Er beauftragte Feliksas Vizbaras, der 1933 in der Dainavos Straße eine repräsentative Villa schuf, die sich auch für Empfänge eignete. Heute ist hier eine Kunstschule untergebracht.

Bild vergrößern (Villa im Grünen.)(Abbildung © Ludwig Moos)
Bis auf die Treppe zum Eingang ist das zweistöckige Wohnhaus in Hanglage, das Juozas Milvydas 1939 in der Vaižganto Straße errichtete, eher bescheiden. Durch Chiune Sugihara, der als japanischer Vizekonsul hier lebte und arbeitete, wurde es bekannt. Er rettete einigen tausend jüdischen Flüchtlingen, denen er auf eigene Verantwortung Transitvisa durch Russland ausstellte, das Leben. Israel ernannte ihn zum Gerechten unter den Völkern. Ein Museum im Haus erinnert an die dramatischen Ereignisse.

Haus eines Gerechten.

Bis auf die Treppe zum Eingang ist das zweistöckige Wohnhaus in Hanglage, das Juozas Milvydas 1939 in der Vaižganto Straße errichtete, eher bescheiden. Durch Chiune Sugihara, der als japanischer Vizekonsul hier lebte und arbeitete, wurde es bekannt. Er rettete einigen tausend jüdischen Flüchtlingen, denen er auf eigene Verantwortung Transitvisa durch Russland ausstellte, das Leben. Israel ernannte ihn zum Gerechten unter den Völkern. Ein Museum im Haus erinnert an die dramatischen Ereignisse.

Bild vergrößern (Haus eines Gerechten.)(Abbildung © Ludwig Moos)

Kaunas

Zweitgrößte Stadt Litauens mit 315.000 Menschen (Stand 2021). Die heutige Stadt geht auf litauische Burgenanlagen im 14. Jahrhundert zurück. Kaunas entwickelte sich zu einem bedeutenden jüdischen Zentrum und war im Laufe ihrer Geschichte von russischen, schwedischen und deutschen Truppen besetzt. In der polnischen Okkupationszeit war Kaunas von 1920 bis 1940 die provisorische Hauptstadt Litauens. Heute ist Kaunas Industrie-, Bildungs- und Wissenschaftsstandort und der wichtigste Verkehrsknotenpunkt des Landes. Die Textilkunst-Biennale findet hier seit 1997 regelmäßig statt und hat sich zu einer international bedeutenden Kunst- und Kulturveranstaltung etabliert. Kaunas wird 2022 zusammen mit Esch an der Alzette in Luxemburg die Kulturhauptstadt Europas sein.

Die Architekten der in der Bildstrecke gezeigten Bauten in der Reihenfolge ihres Auftretens

Feliksas Vizbaras

einer der meistbeschäftigten Baumeister der Zwischenkriegszeit, wurde 1880 nahe der Stadt Panevėžys geboren. Von 1922 bis 1925 leitete er die Baubehörde in Kaunas. 1944 zog er nach Deutschland. Er starb 1970 in München, ohne je wieder als Architekt gearbeitet zu haben.

Arnas Funkas

geboren 1898 in Smolensk, studierte in Kaunas und Berlin Bauingenieurwesen. Er gilt als einer der progressivsten Vertreter des Funktionalismus, arbeitete mit Stahlskelett und Stahlbeton. Auch als Innenarchitekt machte er sich einen Namen. Er starb 1957 in Pinneberg bei Hamburg.

Adolfas Lukošaitis

geboren 1906 in St. Petersburg, schloss er seine Studien in Kaunas ab und betrieb dort ein Architekturbüro. Nach vielen Jahren als Hochschullehrer starb er 1993 in Kaunas.

Bronius Elsbergas

geboren 1901 in Pasandravi. Nach der Ausbildung in Toulouse und an der Kunstgewerbeschule der Universität Brüssel arbeitete er für die Baubehörde in Kaunas und entwarf Privathäuser. 1945 bis 1949 ließ er sich als Architekt in Paris nieder, danach zog er in die USA nach New Jersey und baute Brücken. Er starb 1998 in Brigantine.

Vytautas Landsbergis-Žemkalnis

1893 in Pakruojis geboren, starb mit hundert Jahren in Vilnius. Nach dem Abschluss seiner Ausbildung zum Architekten in Rom entwarf er bis 1939 eine Vielzahl öffentlicher, kommerzieller und privater Gebäude des Modernismus in Kaunas. 1944 zog er nach Deutschland, später nach Australien und 1959 zur Überraschung vieler zurück ins kommunistische Litauen. In seinem bewegten Leben zwischen Politik und Architektur erhielt er staatliche Auszeichnungen von Litauen, dem Dritten Reich, Australien, der Sowjetunion und Israel, wurde geschmäht als Kollaborateur und gefeiert als Gerechter unter den Völkern.

Nikolajus Mačiulskis

Über seinen Lebenslauf ist wenig bekannt. Neben einigen Villen zeugt in Kaunas vor allem sein Umbau der mächtigen Seidenfabrik Kauno Audenai, inzwischen Teil des Shopping und Entertainment Centers Akropolis, von seiner Arbeit.

Karolis Reisonas

geboren 1894 in der Nähe von Riga schloss er seine Studien in St. Petersburg ab. Zwischen 1930 und 1939 trug er wesentlich zum modernistischen Architekturbild von Kaunas bei. Seit 1932 litauischer Staatsbürger nahm er beim Bau der Auferstehungskirche den katholischen Glauben an. Über Deutschland emigrierte er 1949 nach Adelaide in Australien, wo er im Alter von 87 Jahren starb.

Antanas Jokimas

geboren 1894 in Juodaičiai. Absolvent des Instituts für Bauingenieure in St. Petersburg. Als Mitarbeiter der Baubehörde in Kaunas entwarf er Schulen und Privathäuser. Er starb 1964 in Kaunas.

Juozas Milvydas

wurde 1887 in Vižančiai geboren und studierte in St. Petersburg. 1941 beteiligte er sich am Aufstand gegen die sowjetischen Besatzer in Kaunas, drei Jahre später kam er unter den Nazis im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig um.