Athen. Griechenland. Die Akropolis ist das Konzentrat der Stadt. Alles kreist um die Kalksteinerhebung inmitten der Stadtlandschaft, auch das Akropolismuseum von Bernard Tschumi und Michael Photiadis. Ihr Entwurf wirkt eigen, massiv und ist die passende zeitgenössische Ergänzung zum Wahrzeichen Griechenlands.
Die Athener Akropolis ragt weit aus dem weißen Häusermeer heraus. In der Antike ein idealer Burgberg nur vom Westen her zugänglich. Umkämpft und verehrt wechselte sie im Laufe ihrer 4.000-jährigen Geschichte vielfach ihre Gestalt. Aber immer blieb sie das Herz der Stadt. Heute sind nur noch eine Handvoll Gebäude erhalten, aber sie prägen unser Bild der Antike seit zwei Jahrhunderten. Ein Idealbild der Klassik, denn alles was nicht in dieses Bild passte und in den Jahren hinzugefügt wurde, ist mittlerweile wieder verschwunden: eine Moschee, Minarette, ein Palast, Häuser, Ställe, die engen Gassen. Noch für viele Jahrzehnte wird die Athener Akropolis eine Großbaustelle sein und damit eine immer werdende Ruine bleiben.
"Concept, not form, is what distinguishes architecture from mere building."
Bernard Tschumi
Das neue Museum von Bernard Tschumi und Michael Photiadis entzieht sich dem reinen ästhetischen Vergleich mit den Klassikern der Antike. Alles an diesem zu einem schwebenden Ganzen gefügten Gebäude ist logisch. Unscheinbar, wie sein Vorgänger ist es allerdings nicht. Es ist ein gebautes Konzept. Kontext und Inhalt bestimmen seine Gestalt, die sich der kulturgeschichtlichen Bedeutung unterordnet. Der Parthenon ist nur etwa 350 Meter entfernt und der Untergrund des Museums besteht fast vollständig aus den Ruinen eines antiken Stadtviertels. Alles ist auf die Exponate, die Akropolis, die Stadt ausgerichtet. Das Museum steht auf gewaltigen Betonstützen. Einhundert Säulen wurden in enger Abstimmung mit den Archäologen sorgfältig positioniert, um die darunterliegende Grabungsstätte zu schützen. Anders als viele ihrer Kollegen verzichteten die Architekten auf eine allürenhafte Bämm!-Architektur, wenngleich der massive Baukörper im starken Kontrast zu seiner kleinteiligen Umgebung steht. Sobald man allerdings das Gebäude betritt, verflüchtigen sich jegliche Zweifel. Der gesamte Innenraum ist gebaute Bewegung. Keine Aneinanderreihung verschiedener statischer Räume, sondern ein fließender kulturhistorischer Rundgang. Tschumi begreift das Museum als dreidimensionale Promenade. Der vertikale Weg führt von den Ausgrabungen über die Ausstellungsräume mit den Propyläen, dem Nike-Tempel und dem Erechtheion bis hinauf in die Parthenon-Galerie, dem Höhepunkt der Klassik. Um dreiundzwanzig Grad gedreht, entspricht sie exakt der Ausrichtung des gleichnamigen Tempels. Sein fein gearbeiteter Fries (eine Mischung aus Kopien und Originalen, da sich ein großer Teil von ihnen im Londoner British Museum befindet) ist als eine Aneinanderreihung einzelner Sequenzen so inszeniert, das er erstmalig als geschlossene Folge auf Augenhöhe betrachtet werden kann. Das neue Akropolismuseum ist einzigartig. Anregend und kraftvoll rückt es die bisher verstreuten Relikte der klassischen Kunst der Bilderhauerei und der Architektur in ein vollkommenes Licht.
" ... we aimed to arrive at the clearest concept possible, the most concise and elegant expression of the set of ideas that embodied the remarkable challenges of the project."