Mondrian bis Dutch Design, III. – Der Raumrebell
Buchwelten:Dicht gedrängt steht die Gruppe am Eingang des Rietveld-Schröder-Haus. Es sind Mittzwanzigjährige und Pärchen dabei wie der Senior, der mit seiner Tochter gekommen ist, bunt Gekleidete wie Schwarzgewandete a la Hornbrillenintellektuelle. Gleich geht es zur Audioführung in die Welterbestätte in Utrecht, meiner letzten Station der dreiteiligen Mondrian to Dutch Design-Reise in den Niederlanden. Der erste Teil mit der Ausstellung „100 Jahre nach De Stijl“ in Leiden verband das Jetzt mit 1917, dem Gründungsjahr der Kunstbewegung. In Den Haag tauchte ich in die Welt von Piet Mondrian ein, einem der wichtigsten De Stijl-Charakter in der umfassend-detaillierten Ausstellung „Die Entdeckung von Mondrian“ im Gemeentemuseum. Utrecht ist meine letzte und zugleich auch die architektonische Station dieser Tour.
Truus Schröder, ausgebildete Pharmazeutin und wohlhabende Fabrikantentochter, mochte Rietvelds Arbeit und beauftragte ihn mit dem Entwurf eines Hauses für sich und ihre Kinder. 1924 war es fertiggestellt und war in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich wie z. B. die lichtdurchflutete Transparenz, die pragmatisch-detaillierten Einbaumöbel und seine bis dahin einzigartige Raumaufteilung. Bisher folgten Hausentwürfe dem Praktisch-quadratisch-gut-Konzept. Kasten und fertig. Rietveld hob das auf. Der Nukleus des Hauses war sein berühmter Rot-Blauer Stuhl (1918/1923), aus dem er das Gebäude heraus entwickelte. Das Resultat ist mehrteilig, feingliedrig und sehr hell. Dabei ist es erstaunlich einfach konzipiert. Der Grundriss ist ein Rechteck. Im Erdgeschoss sind die Zimmer um die Diele und den Eingangsbereich gruppiert. Der Wohnbereich im ersten Geschoss ist ebenfalls ein klarer, rechteckiger Raum, der es jedoch in sich hat. Hier entfaltet sich die wortwörtliche Magie des kleinen Hauses: es gibt …
Gerrit Rietvelds Utrecht: Radtour zu den Wirkungsstätten
"Schöne Architektur erschafft schöne Menschen", erklärt Bart von Mierlo als wir am Wilhelminapark vor einem Gerrit Rietveld-Haus stehen. Bart ist Tourguide in Utrecht und wir sind mit dem Fahrrad zu wichtigen Stationen des Architekten, Tischler und Schreiner Gerrit Thomas Rietveld unterwegs. Der De Stijl-Mitbegründer beeinflusste vor allem den architektonischen Teil der Künstlergruppe. Vielfach wird das Rietveld-Schröder-Haus als dreidimensionales Mondrian-Gemälde interpretiert. Viele Jahrzehnte nach Fertigstellung heben sich die Rietveld-Bauten nach wie vor ab, gerade im Kontrast zu den Nachbarhäusern. Klare Linien, die berühmten Primärfarben, die feine Einfachheit. Die Bilder zu Rietvelds Erbe.
Gerrit Rietveld – Die Revolution des Raums bei Vitra Design Museum
Unsere Literaturempfehlung: die Monografie erschien zur gleichnamigen Ausstellung im Vitra Design Museum, Weil am Rhein. Das Buch mit 240 Seiten hat zahlreiche Bilder, Zeichnungen und Skizzen von den Möbeln von Rietveld, als auch von seiner Arbeit als Architekt. Es ist in insgesamt 10 Kapitel unterteilt und folgt ihm von seinen beruflichen Anfängen als Tischler von De Stijl über seinen als "flexiblen Funktionalismus" beschriebene Arbeitsweise in den 1930er-Jahren bis hin zur nationalen und internationalen Anerkennung seiner Leistungen und seines Einflusses. Inhaltliche Tiefe und detaillierte Kenntnisse sind in dieser Monografie mit großzügiger, klarer Gestaltung verbunden worden. Trotz seines Umfangs und seines Gewichts überzeugt die Publikation mit seiner ruhigen, qualitätsvollen Präzision, die Laien, Kenner und Fans zugleich anspricht.
Unsere redaktionell unabhängige Recherche wurde vom Niederländischen Büro für Tourismus & Convention (NBTC) zusammen mit Utrecht Marketing ermöglicht.
Gerrit Rietveld
1888–1964 ist einer der bedeutendsten Designer und Architekten des 20. Jahrhunderts. Schon in jungen Jahren schrieb er mit dem Rot-Blauen Stuhl (1918/1923) Designgeschichte, sein Rietveld-Schröder-Haus (1924) ist bis heute eine Ikone moderner Architektur. Rietveld bewegte sich in der künstlerischen Avantgarde um De Stijl-Gründer Theo van Doesburg, gestaltete weitere Möbelklassiker wie den legendären Zig-Zag Stuhl (1932), aber auch wichtige Bauten wie den holländischen Pavillon auf der Biennale von Venedig. Rietvelds Werk begeisterte nicht nur Zeitgenossen, sondern inspiriert mit seiner Aktualität noch heute Designer und Architekten: Von Verner Panton bis Konstantin Grcic haben sich Gestalter immer wieder auf Rietveld berufen.
Rietveld Schröder Haus
ist östlichen Teil Utrechts, unweit des Wilhelmina Park. Adresse: Prins Hendriklaan 50, 3583 EP Utrecht. Tickets können im Museumsshop, Haus Nr. 50A, gekauft werden. Es ist neben dem Rietveld Schröder Haus. Öffnungszeiten: DI–SO 11–17 Uhr. Das Haus kann nur im Voraus und mit einer Audiotour (auch in deutscher Sprache) besucht werden und dauert ca. eine Stunde. Die Touren starten um 11, 12, 14, 15 und 16 Uhr. Eintritt regulär: 15,50 Euro, Vergünstigungen siehe Website. Der Eintritt gilt sowohl für das Rietveld Schröder Haus als auch für das Centraal Museum.
Gerrit Rietveld - Die Revolution des Raums
Von Ida van Zijl, erschienen bei Vitra Design Museum. Hardcover, 240 Seiten, ca. 400 überwiegend farbige Abbildungen, 29 x 25 cm, ISBN: 9783931936945. Das Buch ist die erste umfassende Monographie zu Rietvelds Werk in deutscher Sprache. Es erschien begleitend zur gleichnamigen Ausstellung im Vitra Design Museum in Weil am Rhein. Die Kapitel sind thematisch gegliedert und setzen sich mit Rietvelds Beziehung zu De Stijl und dem Bauhaus auseinander, aber auch mit weniger bekannten Aspekten wie Rietvelds sozialem Wohnbau oder seiner Beschäftigung mit der industriellen Produktion. Auf diese Weise wird Rietvelds Werdegang nachgezeichnet, von seinen bescheidenen Anfängen als Möbelschreiner bis zu seinen letzten Jahren als berühmter Architekt. Dem Rietveld-Schröder-Haus, dem als eines der wenigen Bauten aus dem 20. Jahrhundert der Status eines UNESCO Weltkulturerbe-Denkmals zugesprochen wurde, ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Ergänzt wird die Publikation durch zahlreiche Fotografien sowie hochwertigen Reproduktionen von Plänen, Zeichnungen und Skizzen als auch durch eine Chronologie der wichtigsten Werke von Gerrit Rietveld.
Ida van Zijl
ist seit 1978 Kuratorin für Design und für die Sammlung Rietveld im Centraal Museum Utrecht, das die weltweit größte Sammlung von Rietvelds Werk umfasst. Sie ist Herausgeberin des Werkkatalogs „Gerrit Rietveld: The Complete Works“ (1992) und Autorin zahlreicher Veröffentlichungen zu Rietveld und niederländischem Design allgemein.