Skulpturenpark Waldfrieden –  Parallelwald

Reportage:

Natur, Kunst und Architektur in der Tony Cragg-Welt.

Parallelwald

Avantgarde — Deutschland | 

Der Filter

Der Wald schluckt alles. Gekreische von Trotzphasenkindern, die sich nicht bändigen lassen. Etepetete-Damen mit Hut und gespreizter Sprache. Juvenile Väter in Schuhen von Camper, die alles wissen und alles erklären können. Dass sich das alles auflöst, liegt natürlich an der Fläche des Areals von 14 Hektar und der Hangwald-Topografie, die mal sanftkurvig ist, mal steile Anhöhen hat. Doch mit dem Eintritt in das waldige Paralleluniversum scheinen auch Affektiertes, Albernes und Außenwelten zu verschwinden. Der Landschaftsraum, nur wenige Schwebebahn-Stationen von der Schwimmoper entfernt, wirkt entschleunigend, er flüstert und fordert nach Fokus.

Die Architektur

Architektonisch fallen die Villa Waldfrieden (auch als Villa Herberts bekannt) und die neueröffnete dritte Ausstellungshalle auf, das eine positiv, das andere eher nicht. Der Lackfabrikant Kurt Herberts hatte den Künstler und Architekten Franz Krause mit dem Bau seiner Villa beauftragt. Das 1950 fertiggestellte, zweigeschossige Haus basiert auf drei Themen: die Bewegungen des menschlichen Körpers, die Natur des umgebenen Areals und das Tageslicht. Mal scheint sich das Gebäude in seine Umgebung zu schmiegen, mehr ein Transparenzkörper mit großen Fensteröffnungen, dann wieder erscheint es wie ein aufgerichtetes, hermetisches Steinbauwesen, z. B. an der Tür- und Torseite. Die unter Denkmalschutz stehende Villa stand lange leer, bevor der Künstler und Bildhauer Tony Cragg das Areal 2006 erwarb. Und sich verliebte. Die Villa wurde Werkstatt, Atelier und in ein neues, lebendiges Zentrum des Parks verwandelt. Heute befinden sich in der Villa Archiv und Verwaltung der Cragg Foundation. Das Gebäude ist nicht öffentlich zugängig, kann aber bei Sonderführungen besichtigt werden. Wer keine Zeit dafür hat, bekommt auch so gute Einblicke durch die großflächigen Fenster, durch die man tief in das amorphe Innere blicken kann. Weder amorph noch charmant ist die dritte Ausstellungshalle am Ende des Parks – eine halbrunde Glashalle, entworfen vom Wuppertaler Architekten Rudolf W. Hoppe. Leider ist das Halbrund auch halbgar, was schon die Erklärung zeigt: „Modifiziertes Quadrat mit abgerundeten Ecken“. Dann lieber die ehrliche Kastenform des Shops oder der Ausstellungshalle in der Nähe des Eingangs. Letzter hat eine Streckmetallfassade, was keine Neuerfindung einer Gebäudehaut ist, aber spannender wirkt als irgendwas mit abgerundeten Ecken.

Die Kunst

... sind natürlich die Skulpturen, Formen, Plastiken. Aber das Grün und seine vielfältigen Vertreter ist ebenso wichtig: Kastanien, Linden, Robinien, Ahorn, Lärchen, Eichen und Buchen. Dazwischen Magnolien, Flieder und Rhododendron. Ein mächtiger Mammutbaum ist ebenso dabei wie die Trauerbuche. Dazwischen Wiesen, Bänke und ein Fußweg, der sich netzartig über das Areal breitet. Festes Schuhwerk für diese Waldwege nicht vergessen. Die Cragg Foundation baut ihre Sammlung wichtiger Plastiken beständig aus. Schwerpunkte sind die Moderne und zeitgenössische Werke. Zu sehen sind 40 Skulpturen (Stand September 2017) von Tony Craggs, Richard Deacons, Thomas Schüttes, Wilhelm Mundts, Eva Hilds, Bogomir Eckers, Erwin Wurm und anderen. Nicht alle Formen sind zugänglich, wollen verstanden werden oder erschließen sich einem. Durch die Verbindung von Natur und Kunst können die Skulpturen sehr unterschiedlich wirken. Vielleicht braucht es eine andere Tageszeit oder Witterung, vielleicht ein weicheres Licht. Oder sogar Regen. Welches Museum kann mit so einer Bandbreite an Erfahrungen, Eindrücken und Widersprüchen aufwarten? Ein wahrer Kunstlandschaftspark. Und wie im Museum gilt auch hier: „Bitte nicht anfassen!“

Eingang

Skultpturenpark Waldfrieden

Eingang

Bild vergrößern (Skultpturenpark Waldfrieden)(Abbildung © Hendrik Bohle)
Villa Waldfrieden, Architekt Franz Krause, Fertigstellung: 1950

Skultpturenpark Waldfrieden

Villa Waldfrieden, Architekt Franz Krause, Fertigstellung: 1950

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Die Villa kann bei Sonderführungen besucht werden ...

Skulpturenpark Waldfrieden

Die Villa kann bei Sonderführungen besucht werden ...

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... oder für besondere Veranstaltungen angemietet werden.

Skulpturenpark Waldfrieden

... oder für besondere Veranstaltungen angemietet werden.

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Eingang zur Villa

Skulpturenpark Waldfrieden Wuppertal © Jan Dimog Villa Waldfrieden Eingang

Eingang zur Villa

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Wasserbecken

Skulpturenpark Waldfrieden

Wasserbecken

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Ausstellungshalle

Skultpturenpark Waldfrieden

Ausstellungshalle

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Ausstellungshalle mit Imi Knoebel

Skultpturenpark Waldfrieden

Ausstellungshalle mit Imi Knoebel

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Ausstellungshalle mit Imi Knoebel

Skultpturenpark Waldfrieden

Ausstellungshalle mit Imi Knoebel

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Big Psycho, Erwin Wurm

Skulpturenpark Waldfrieden

Big Psycho, Erwin Wurm

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Here today, gone tomorrow, Tony Cragg

Skulpturenpark Waldfrieden

Here today, gone tomorrow, Tony Cragg

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Kopf III, Hede Bühl

Skulpturenpark Waldfrieden

Kopf III, Hede Bühl

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Aramis, Richard Deacon

Skulpturenpark Waldfrieden

Aramis, Richard Deacon

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Points of view, Tony Cragg

Skulpturenpark Waldfrieden

Points of view, Tony Cragg

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Dancing Column, Tony Cragg

Skultpturenpark Waldfrieden

Dancing Column, Tony Cragg

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Distant Cousin, Tony Cragg

Skultpturenpark Waldfrieden

Distant Cousin, Tony Cragg

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Ausstellungshalle, Architekt Hoppe, eröffnet Oktober 2017

Skultpturenpark Waldfrieden

Ausstellungshalle, Architekt Hoppe, eröffnet Oktober 2017

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Ausstellungshalle, Architekt Hoppe, eröffnet Oktober 2017

Skulpturenpark Waldfrieden

Ausstellungshalle, Architekt Hoppe, eröffnet Oktober 2017

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Ausstellungshalle

Skultpturenpark Waldfrieden

Ausstellungshalle

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Ausstellungshalle

Skultpturenpark Waldfrieden

Ausstellungshalle

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Skultpturenpark Waldfrieden

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Ausstellungshalle

Skultpturenpark Waldfrieden

Ausstellungshalle

Bild vergrößern (Skultpturenpark Waldfrieden)(Abbildung © Hendrik Bohle)

Skulpturenpark Waldfrieden

Hirschstraße 12, 42285 Wuppertal. Tel. 0202 47898120. Öffnungszeiten März–Oktober: Di.–So. 10–19 Uhr, November–Februar: Fr.–So. 10–17 Uhr. Eintritt: 12 Euro, ermäßigt 9 Euro. Hinweis: je nach Tag und Uhrzeit können alle drei Parkplätze voll sein. Alternativen: Bus Nr. 628 mit der Haltestelle Bendahler Straße oder Schwebebahn mit der Haltestelle Landgericht, beide jeweils mit zusätzlichem Fußweg von wenigstens 10 Minuten.

Tony Cragg

Geboren 1949 in Liverpool, Großbritannien. Bildender und mehrfach ausgezeichneter Künstler mit diversen Lehrtätigkeiten. Er ist seit 1977 in Wuppertal. Ab 1979 lehrte er an der Kunstakademie Düsseldorf, seit 1988 als Professor. In den 1980ern war er auf bedeutenden internationalen Ausstellungen vertreten, z. B. auf der documenta 7 und 8 in Kassel, auf Biennalen in Venedig und Sydney. 1988 erhielt er den Turner-Preis, die bedeutendste britische Kunstauszeichnung. 2006 erwarb er den 14 Hektar großen verwilderten Park mit der Villa Waldfrieden. 2008 wurde der Park eröffnet.

Café Podest

Mit Kuchen und Tarte aus eigener Produktion. Öffnungszeiten: März–Oktober Di.–So. 11–20 Uhr. November–Februar Fr.–So. 11–18 Uhr