THE LINK to #urbanana:
Qvest Hotel hideaway im Gerling-Quartier – Pianissimo
Reportage / Übernachten: Die Buchung
Das Hotel heißt exakt „The Qvest Hotel hideaway“, was ich mit „Die Suche nach dem Refugium“ übersetze. Das klingt natürlich nicht sexy und es hört sich auch nicht nach einem Überhotel an. Doch der Name ist Programm. Die Website kommt schlicht daher. Vier Hochkantfotos zeigen Hotel-Impressionen und nach einem Klick ist man auf der nüchtern-geschäftlichen Buchungsplattform, die mit den Farbcodes für die Belegungen (grün = verfügbar, rot = ausgebucht) wie für Ferienwohnungen gemacht ist. Nichts gegen Ferienapartments, aber auch das wirkt wie Tarnung ...
Das Check-in
... denn wer auf den lauschigen Platz vor dem St. Gereon einbiegt und die Stufen gen Lobby und Rezeption schreitet, weiß: Understatement ist alles, sowohl im Internet als auch in Analogien. Selbstverständlich verströmt das alles hier distinguierte, stille Wertigkeit. Aber zwischen feiner Erstklassigkeit und aufdringlichem Pomp liegen Welten. Da das Qvest sich klar von Form-Fortissimo abgrenzt und auf sein Pianissimo-Profil setzt, passt die leise und fixe Bedienung am Empfang.
Das Zimmer
Erster Eindruck: Nüchternheit, Klarheit, Ausgesuchtes. Ein schlankes, walnussfarbiges Sideboard. Ein Eames-Lounge-Chair. Die Toio-Stehleuchte mit dem Autoscheinwerfer von Achille und Pier Giacomo Castiglioni. Es ist die Kombination aus Farben und Fotografien, die sich trotz starker Präsenz zurückhalten, aus Lichtdurchflutung und Dunklem. Das Badezimmer (im Verhältnis zum Zimmer etwas zu klein) schluckt mit seinen schwarzen und von der Pariser Metro inspirierten Kacheln und dem schwarzen Waschbecken Unwichtiges und Unkonzentriertes. Und das war dem Innengestalter und Qvest Magazin-Chefredakteur Michael Kaune allem Anschein nach ein Anliegen, das in unserem zum St. Gereon ausgerichteten Zimmer deutlich zur Geltung kommt.
Das Haus
Der Projektentwickler Turris erwarb das ehemalige Historische Stadtarchiv von 1897 und die benachbarte Kapelle von der Immofinanz Group und machte sich an die Umbauarbeiten, die im Frühling 2014 fertiggestellt waren. Im gleichen Jahr zog das Qvest Hotel ein. Wie in den 34 Zimmern überzeugt im Haus die Verknüpfung aus Sachlichkeit und pointiertem Chic. Die Historie der neugotischen Architektur mit Rippengewölben und Spitzbögen scheint unangetastet und wird in ihrer steinernen Ehrwürdigkeit nicht minimiert. Im Gegenteil, die Designklassiker aus der Mid Century-Ära fügen sich mit ihrer hochwertig-harmonischen Formschönheit gut ein ohne zur Staffage zu verkommen. Neugotik und Charles und Ray Eames können gut miteinander.
Die Umgebung
In der unmittelbaren Nachbarschaft wurde durch Robert und Hans Gerling und ihren internationalen Versicherungskonzern Wirtschafts- und Architekturgeschichte geschrieben. Das Gerling-Quartier im Friesenviertel ist das größte private Baudenkmal der Wirtschaftsswunderzeit und sollte Größe, Anspruch und Pracht ausstrahlen. Gleich mehrere Architektengenerationen waren hier beteiligt: die neuklassizistischen Flügelbauten von Bruno Paul, 1931 und 1937, die das Palais Langen von Hermann Pflaume (1882) umrahmen, das 55 Meter hohe Hochhaus von Helmut Hentrich und Hans Heuser (1953), Arno Breker (weitere Bauten, Wandskulpturen, Brunnen, 1956 und 1958) und der große Rundbau am Klapperhof von Franz Heinrich Sobotka, Gustav Müller und Arno Breker (1961–1966).
Wir empfehlen bei einem Aufenthalt im Qvest unbedingt den Rundgang durch das Quartier mit dieser auch bei vielen Kölnern unbekannten Architektur- und Stadtgeschichte. Am besten in Kombination mit einer Stippvisite in der 1863 dem heiligen Josef geweihten Kapelle, die der Gerling-Konzern jahrzehntelang als Bibliothek nutzte. Sie ist zur Galerie „Kaune Contemporary“ umgestaltet worden und zeigt wechselnde, zeitgenössische Fotografien.
Das gesamte Areal in zentraler Altstadt-Lage wird seit Jahren und zu großen Teilen in ein Luxusviertel umgewandelt. Meldungen über Bau-Pfusch, jahrelange Verzögerungen und tödliche Arbeitsunfälle auf Baustellen wechseln sich mit Hymnen auf fertiggestellte Projekte ab, wie auf das Qvest Hotel. Zu recht. Denn während drumherum gelärmt und gepfuscht wird, hat sich das Refugium seit Bestehen einen festen Platz in der Designwelt Kölns und darüberhinaus erworben. Und das mit feinen, leisen Tönen.
Unsere redaktionell unabhängige Hotel-Recherche im Rahmen der Recherchen zu #urbanana verdanken wir der Einladung des Qvest Hotel.
The Qvest Hotel hideaway
Gereonskloster 12, 50670 Köln
Kaune Contemporary in der Kapelle
Öffnungszeiten: Di. und Fr.: 10–18 Uhr, Mi. und Do.: 9:30–13 Uhr, Sa.: 13–18 Uhr. Adresse: Gereonskloster 12, 50670 Köln
Gerling-Versicherungsgruppe
Gegründet am 4. Mai 1904, aufgelöst im April 2006. Gerling war ein internationaler Kölner Versicherungskonzern, der vom Talanx-Konzern, Deutschlands drittgrößter Versicherungsgruppe, übernommen wurde. Unter den Marken „HDI Global SE“ und „HDI“ sind die zusammengeführten Bereiche von HDI und Gerling auf dem Markt aktiv. Die Gerling Versicherungsgruppe beschäftigte weltweit in über zwanzig Ländern ca. 6400 Mitarbeiter (Stand: April 2005). Die Prämieneinnahmen beliefen sich 2005 auf ca. 4,56 Mrd. Euro, der Gewinn betrug 158 Mio. Euro. Der Gründer Robert Gerling, dessen Sohn Hans und dessen Sohn Rolf prägten den Konzern von der Gründung bis zur Fusion. In den 1950er-Jahren wurden unter Beteiligung der Architekten Hentrich und Heuser die Bürogebäude in Richtung Gereonshof komplexartig ausgeweitet. Die Fertigstellung des Gerling-Hochhauses 1953 setzte einen städtebaulichen Akzent. Auf Wunsch von Hans Gerling wirkte der wegen seiner Arbeiten im Nazireich umstrittene Bildhauer und Architekt Arno Breker an der Gestaltung mit. Bis in die 1980er-Jahre wurde der Gerling-Komplex stückweise in Richtung Friesenstraße zu einem eigenen Stadtviertel ausgeweitet. Nach mehreren Eigentümerwechsel (Talanx, Frankonia Eurobau AG, Immofinanz) sind die Gebäude des Gerling-Quartiers nun bei den Firmen Quantum Immobilien AG und Proximus Real Estate AG (mit Wikimedia-Material).
Köln
ist mit mehr als einer Million Einwohnern die bevölkerungsreichste Stadt in NRW und nach Berlin, Hamburg und München die viertgrößte Stadt Deutschlands und eine der geschichtsträchtigsten Städte des Landes. Als Oppidum Ubiorum geht sie auf eine römische Gründung 38. v. Chr. zurück, die später Colonia Agrippinensis hieß. Köln ist heute eine bedeutende Industrie- und Technologiemetropole mit Sitz zahlreicher Banken- und Versicherungsunternehmen. Als Medienstandort vor allem für Fernseh- und Rundfunksendungen hat die Stadt zusätzlich Bedeutung. Den städtebaulichen Akzent setzen mehrere Hochhäuser, von denen viele in den 1980er-Jahren entstanden. Der Dom ist das (gotische) Wahrzeichen der Stadt und wurde 1996 zum Weltkulturerbe erklärt. Die Museum(neu)bauten wie das Kolumba von Peter Zumthor sind ein wichtiger Teil der zeitgenössischen Architektur der Stadt. Eine der größten städtebaulichen Projekte war ab den 1990er-Jahren der Umbau des Güterbahnhofs Gereon zum MediaPark. Die Umwandlung des Hafens von Mülheim, des Deutzer Hafens und Rheinauhafens sind wegen ihrer zentralen Lagen, Flächen und Bestandsbauten wichtige innerstädtische Projekte für Gewerbe, Kultur und Wohnungsbau.