Hans Scharoun – Gestaltung und Prinzipien
Buchwelten:Hans Scharoun zählt unbestritten zu den wegweisenden Architekten Deutschlands im vergangenen Jahrhundert. Mit seiner Haltung eines organischen, sich aus dem Kontext entwickelnden Bauens, unterschied er sich deutlich von anderen Protagonisten jener Zeit wie etwa den Direktoren des Bauhaus Walter Gropius, Hannes Meyer und Ludwig Mies van der Rohe. Seine wunderbar gold schimmernde Philharmonie im Berliner Tiergarten zählt noch heute zu den besten Konzerthäusern der Welt.
In seiner gerade erschienenen Monographie „Hans Scharoun – Bauten und Projekte“ präsentiert Carsten Krohn einen frischen und umfassenden Blick auf Scharouns Gesamtwerk. Unter Mitarbeit von Dr. Eva-Maria Barkhofen, Leiterin des Baukunstarchivs der Akademie der Künste, und Dimitri Suchin, 2. Vorsitzenden der Scharoun-Gesellschaft e.V. legt Krohn den Fokus auf sämtliche bislang bekannten realisierten Bauten, insbesondere auch auf sein bisher weniger bekanntes Frühwerk. In Ostpreußen verwirklichte Scharoun eine ganze Reihe von Gutsanlagen und Wohnhäusern sowie sein erstes Bauwerk, eine Notkirche in Walterkehmen. Sie kamen noch sehr viel geradliniger und weniger beschwingt daher. Viele überstanden den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit nicht. Der Nachwelt bleiben sie nun in historischen Aufnahmen und Zeichnungen aus dem Hans-Scharoun-Archiv und Fotografien erhalten. Viele der Bauten hat der Buchautor aufgesucht und selbst fotografiert. Dabei ist diese Publikation eine gekonnte Verschmelzung von monografischer Werkschau und fotografischer Dokumentation. Erstmals wird auch den Botschafts-Bungalows in Brasília oder der AOK-Hauptverwaltung am Kreuzberger Mehringplatz Beachtung geschenkt. Krohn, der auch über das Werk des Berliner Architekten Jean Krämer geschrieben hat, zeichnet Scharouns gestalterische Entwicklung Schritt für Schritt nach, indem er seine Bauten chronologisch in Text und Bild dokumentiert. Der Autor, Fotograf und Dozent zeigt damit anschaulich, dass Scharouns Architekturauffassung ebenso wie seine Bauten über die Jahrzehnte alles andere als geradlinig war.
Hans Scharoun – Bauten und Projekte
Carsten Krohn, 208 Seiten, 75 Abbildungen, gebundene Ausgabe; Verlag Birkhäuser, Basel (2018), ISBN 978-3-0356-0679-9 (deutsch), ISBN 978-3-0356-0691-1 (englisch)
Hans Scharoun
Geboren 1893 in Bremen, gestorben 1972 in Berlin. Vollständiger Name: Bernhard Hans Henry Scharoun. Deutscher Architekt und einer der bedeutendsten Vertreter der organischen Architektur, einem Prinzip, wonach sich die Baugestalt aus dem Wesen der Bauaufgabe ableitet. Studium der Architektur an der Technischen Hochschule Berlin, kein Abschluss. Zu den wichtigsten Bauten des mehrfach ausgezeichneten Architekten (Großes Bundesverdienstkreuz und mehrere Ehrendoktorwürden) gehören: das Wohnhaus in der Weissenhofsiedlung, Stuttgart; die Apartmenthäuser in Berlin (Kaiserdamm 25 und Hohenzollerndamm 35–36), das Haus Schminke in Löbau (1933), die Hochhäuser Romeo & Julia in Stuttgart-Zuffenhausen (1959), die Philharmonie in Berlin (1963), der Neubau der Staatsbibliothek zu Berlin (1978) sowie Wohngebäude in Böblingen, Ostpreußen, Breslau, Potsdam sowie das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven (1975).
Dr. Carsten Krohn
Geboren in Hamburg, wo er Architektur, Stadtplanung und Kunstgeschichte an der Hochschule für bildende Künste, an der Universität Hamburg und an der Columbia Universität in New York studiert hat. Er promovierte in Kunstgeschichte über Buckminster Fuller. Seine Fotografien wurden in Ausstellungen präsentiert. Er ist Professor für Architektur an der Anáhuac-Universität in Mexiko-Stadt.