Qasr Al Hosn –  Die Wiederbelebung der Wiege

Auf Reisen / Reportage:

Walter Gropius, The Architects Collaborative und Dänemark für das historische Herz der Hauptstadt.

Die Wiederbelebung der Wiege Die Wiederbelebung der Wiege

Kunst (am Bau) — Vereinigte Arabische Emirate | 

Cultural Foundation

Die Vereinigten Arabischen Emirate sind nicht unbedingt für eine behutsame Renovierung ihrer Bauten aus den Gründungsjahren bekannt. Umso erfreulicher ist die Wiedereröffnung der Abu Dhabi Cultural Foundation. Die Einrichtung ist eine der ältesten des noch jungen Landes und wurde 1981 von The Architects’ Collaborative (TAC), einer 1945 in Cambridge (MA) um Walter Gropius gegründeten Architektengruppe, gestaltet. Seitdem weht hier ein wenig Bauhausfrische. Die Institution mit Ausstellungsräumen und angeschlossener Nationalbibliothek wurde geschaffen, um Dokumentation, Forschung, Kunst und Kultur für alle erfahrbar zusammenzuführen. Viele Jahre war sie ein beliebter Ort des kulturellen Lebens der Stadt. Mit den Glitzerbauten der Neuzeit wurde es hier langsam etwas ruhiger. Nachdem bereits die Schatten spendenden Arkadengänge vor dem Gebäude gefallen waren, entschied man sich doch noch, das Bauwerk zu erhalten. Welch ein Glück: In den Räumen des heutigen Visual Arts Centers gibt es nun junge arabische Kunst zu sehen und es finden Artist in Residence Programme statt. In diesem Jahr eröffnen noch ein Kino und eine Bibliothek für Kinder. Besonders schön sind die Kabinette in der ersten Etage. Selten findet man, eine so konzentrierte Art, Kunst zu begreifen. Ästhetisch folgt das Gebäude den Grundsätzen des Funktionalismus und verweist zugleich respektvoll auf Merkmale der islamischen Architektur: Weißer Beton kontrastiert mit geschnitzten Türen, glasierten Ziegeln und geometrischen Mustern an Decken, Wänden und Böden. Es ist zu wünschen, das zukünftig auch die Betonwunder in der angrenzenden Zayed The 1st Street (Elektra Street) entsprechend gewürdigt werden.

Der imposante, monochrome Bau wirkt vor allem im Zusammenspiel von Sonnenlicht und Schatten.

Cultural Foundation

Der imposante, monochrome Bau wirkt vor allem im Zusammenspiel von Sonnenlicht und Schatten.

Bild vergrößern (Cultural Foundation)(Abbildung © Hendrik Bohle)
Weißer Beton kontrastiert ...

Cultural Foundation

Weißer Beton kontrastiert ...

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... mit geschnitzten Türen, glasierten Ziegeln und geometrischen Mustern an Decken, Wänden und Böden.

Cultural Foundation

... mit geschnitzten Türen, glasierten Ziegeln und geometrischen Mustern an Decken, Wänden und Böden.

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Das Gebäude wurde innen wie außen wirkungsvoll renoviert.

Cultural Foundation

Das Gebäude wurde innen wie außen wirkungsvoll renoviert.

Bild vergrößern (Cultural Foundation)(Abbildung © Jan Dimog)
Neben den Ausstellungsflächen und Künstlerateliers eröffnen im Laufe des Jahres noch ein Kino und eine Kinderbibliothek.

Cultural Foundation

Neben den Ausstellungsflächen und Künstlerateliers eröffnen im Laufe des Jahres noch ein Kino und eine Kinderbibliothek.

Bild vergrößern (Cultural Foundation)(Abbildung © Hendrik Bohle)
Der Treppenlauf in der Ästhetik der späten 1970er-Jahre.

Cultural Foundation

Der Treppenlauf in der Ästhetik der späten 1970er-Jahre.

Bild vergrößern (Cultural Foundation)(Abbildung © Hendrik Bohle)

Der Park

Im Außenraum wich das ursprüngliche Amphitheater der fabelhaften Landschaftsarchitektur von CEBRA. Die Dänen entwickelten den Masterplan für das gesamte Areal im Spannungsfeld zwischen der Cultural Foundation und dem Qasr Al Hosn, der ältesten Kulturerbestätte der Stadt, hin zu einem identitätsstiftenden Ort des emiratischen Erbes. Hier schieben und türmen sich monochrome Kunststeinplattenformationen ineinander, brechen auf und bilden zugleich die perfekte Szenerie einer abstrahierten Küstenlandschaft. Eine große Wasserfläche ist umgeben von schattigen Gehwegen, Sitzplätzen, Mangrovengärten und Palmenhainen. CEBRA unterteilten die weite Fläche fiktiv in zwei Bereiche mit unterschiedlichen Identitäten. Der Park beginnt als ebene Fläche im Süden. Die historische Palastanlage betteten sie in eine ruhige Landschaft, die einer Sandebene nachempfunden ist. Zum Norden hin erhebt sich die Topographie. Hinter der Cultural Foundation schufen sie einen Ort mit einer eher künstlichen, geometrischen Atmosphäre für eine Reihe kultureller Aktivitäten. Die beiden Landschaften betonen die Dualität des Ortes – eine städtische Stadtgitterstruktur im Vergleich zu einer organischeren und natürlicheren Küstenlandschaft. Dabei ist CEBRAs Idee, es den Besuchern zu ermöglichen, die Grenze zwischen Tradition und Moderne zu überschreiten, voll aufgegangen. 

Anstelle des Amphitheaters entstand eine abstrahierte Küstenlandschaft.

Park Qasr Al Hosn

Anstelle des Amphitheaters entstand eine abstrahierte Küstenlandschaft.

Bild vergrößern (Park Qasr Al Hosn)(Abbildung © Hendrik Bohle)
Wie ein rissig gewordener, trockener Boden brechen die Oberflächen und türmen sich auf.

Park Qasr Al Hosn

Wie ein rissig gewordener, trockener Boden brechen die Oberflächen und türmen sich auf.

Bild vergrößern (Park Qasr Al Hosn)(Abbildung © Hendrik Bohle)

Qasr Al Hosn

Der ehemalige Sitz der Herrscherfamilie Al Nahyan ist das älteste Steingebäude der Stadt und die Keimzelle Abu Dhabis. Die ursprüngliche Anlage wurde in den Sechzigerjahren des 18. Jahrhunderts begründet, um die Handelsrouten an der Küste zu kontrollieren und die Siedlungen zu schützen, die um die Wasserquellen der Insel entstanden waren. Qasr Al Hosn besteht aus einem inneren Fort („Hosn“), das 1795 von Scheich Shakhbut bin Dhiyab aus Korallen und Meeresstein erbaut wurde und einem äußeren Palast („Qasr“), der 1939 von Scheich Shakhbut bin Sultan Al Nahyan hinzugefügt wurde. Bereits der Gründervater ließ die Anlage in den 1960er Jahren zu einem öffentlichen Museum ausbauen. Nach einem Jahrzehnt akribischer Restaurierung und Renovierung wurde das Qasr al Hosn Ende 2018 nun endlich wiedereröffnet. Dabei wurden historische Schichten wieder freigelegt und durch klare zeitgenössische Elemente ergänzt. Das historische Herz der Hauptstadt der VAE hat wieder begonnen, zu schlagen.

Der Wachturm ist das älteste Gebäude im Qasr Al Hosn. Es wurde zwischen 1760 und 1761 vom Anführer des Bani Yas Stammes Scheich Dhiyab bin Isa erbaut.

Qasr Al Hosn

Der Wachturm ist das älteste Gebäude im Qasr Al Hosn. Es wurde zwischen 1760 und 1761 vom Anführer des Bani Yas Stammes Scheich Dhiyab bin Isa erbaut.

Bild vergrößern (Qasr Al Hosn)(Abbildung © Hendrik Bohle)
Schichten aus modernem Putz und Gips wurden sorgfältig abgetragen, um das ursprüngliche Mauerwerk wieder freizulegen.

Qasr Al Hosn

Schichten aus modernem Putz und Gips wurden sorgfältig abgetragen, um das ursprüngliche Mauerwerk wieder freizulegen.

Bild vergrößern (Qasr Al Hosn)(Abbildung © Hendrik Bohle)
besteht aus einem inneren Fort ("Hosn"), das 1795 von Scheich Shakhbut bin Dhiyab aus Korallen und Meeresstein erbaut wurde und ...

Qasr Al Hosn

besteht aus einem inneren Fort ("Hosn"), das 1795 von Scheich Shakhbut bin Dhiyab aus Korallen und Meeresstein erbaut wurde und ...

Bild vergrößern (Qasr Al Hosn)(Abbildung © Hendrik Bohle)
... einem äußeren Palast ("Qasr"). Im Hintergrund stehen links die zwei von Foster+Partners entworfenen Wolkenkratzer des World Trade Center Abu Dhabi.

Qasr Al Hosn

... einem äußeren Palast ("Qasr"). Im Hintergrund stehen links die zwei von Foster+Partners entworfenen Wolkenkratzer des World Trade Center Abu Dhabi.

Bild vergrößern (Qasr Al Hosn)(Abbildung © Jan Dimog)
Zum Areal gehört das "Haus der Handwerker" mit einem Museum, in dem auch die traditionelle arabische Kaffeekultur ("Gahwa") präsentiert wird.

House of Artisans

Zum Areal gehört das "Haus der Handwerker" mit einem Museum, in dem auch die traditionelle arabische Kaffeekultur ("Gahwa") präsentiert wird.

Bild vergrößern (House of Artisans)(Abbildung © Jan Dimog)

Qasr Al Hosn

Sheikh Rashid Bin Saeed Al Maktoum St, Al Hosn, Abu Dhabi. Sa.–Do.: 9–19 Uhr. Fr.: 12–22 Uhr

The Architects Collaborative (TAC)

war ein US-amerikanisches Architekturbüro. 1946 gründete Walter Gropius im Alter von 62 Jahren ein Architekturbüro in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts. Seine Partner bei der Bürogründung waren die viel jüngeren Architekten Norman Fletcher, Jean B. Fletcher, John C. Harkness, Sarah P. Harkness, Robert S. McMillan, Louis A. McMillen und Benjamin C. Thompson. Das Büro arbeitete nach dem Teamgedanken und war insbesondere im Bereich Universitäts- und Campusarchitektur sowie Verwaltungsarchitektur tätig. Eines der bekanntesten Bauten ist das ehemalige Pan Am Building (1960–63), heute MetLife Building, in New York. Zum Tätigkeitsfeld gehörte aber auch das Produktdesign, so stammt etwa der Entwurf für das Rosenthal-Service 'Gropius' (1968) von der Keramikerin Katherine de Souza, die Ende der 1960er Jahre bei TAC arbeitete. Das Büro hatte mehrere internationale Ableger bestand bis 1995. (Quelle: Wikipedia)

CEBRA

Ein dänisches Architekturbüro mit Sitz in Aarhus und Abu Dhabi. CEBRA wurde 2001 von den Architekten Mikkel Frost, Carsten Primdahl und Kolja Nielsen gegründet und beschäftigt derzeit 50 internationale und multidisziplinäre Mitarbeiter an ihren Standorten in Aarhus, Dänemark und Abu Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate. Im April 2017 trat der Architekt MAA Mikkel Hallundbæk Schlesinger in die Gruppe der Partner ein, die nun aus den drei Gründungspartnern Frost, Primdahl, Nielsen und dem neuen Partner Hallundbæk Schlesinger besteht. Neben der Zusammenführung des CEBRA-Managements mit einem neuen Partner wurden die Architekten Lars Gemynthe Gylling, Thomas Bang Madsen und Flemming Svendsen zu Associates ernannt. CEBRA hat eine Reihe von renommierten internationalen Auszeichnungen erhalten, unter anderem: ArchDaily Building of the Year 2015 (bestes Wohnprojekt für den Iceberg), Mies van der Rohe Award Shortlist für das Kinderheim der Zukunft und Nykredit's Architecture Award 2008, Skandinaviens renommiertester Architekturpreis. Alle Partner gehören der Danish Architects' Association und dem Royal Institute of British Architects (RIBA) an.

Buchtipp

Architekturführer Vereinigte Arabische Emirate von Hendrik Bohle und Jan Dimog. 135 × 245 mm, 540 Seiten, 1090 Abbildungen, Softcover, 48 Euro. ISBN 978-3-86922-376-6 (deutsch) 978-3-86922-508-1 (englisch)

Karte mit den Bauwerk(en)

Interaktive Karte mit Bauwerke(n):

Cultural Foundation (The Architects Collaborative TAC [UAE. Abu Dhabi] ; 1981) |