30 Jahre ZKM –  Digitale Blitzarchitektur

Die erste deutsche UNESCO Creative City of Media Arts.

Digitale Blitzarchitektur Digitale Blitzarchitektur

Industriearchitektur — Deutschland | 

»Es gibt wenige, auch architektonisch so bedeutsame Gebäudekomplexe, die in einer nach außen hin kaum veränderten Form so unmittelbar an die kriegerische Vergangenheit Deutschlands erinnern, wie eben die A-Halle der Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik.«

Heinrich Klotz, 1935–1999, deutscher Kunsthistoriker, Architekturtheoretiker, Publizist und Gründungsdirektor des ZKM
Zentrum für Kunst und Medien. 1989 gegründet und seit 1997 im denkmalgeschützten Industriebau

ZKM

Zentrum für Kunst und Medien. 1989 gegründet und seit 1997 im denkmalgeschützten Industriebau

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Kubus, Osteingang und die Skulptur "The Morning Line" des Künstlers Matthew Ritchie, 2008.

ZKM

Kubus, Osteingang und die Skulptur "The Morning Line" des Künstlers Matthew Ritchie, 2008.

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"Werkstättenhochbau A", entworfen von Philipp Jakob Manz und 1918 fertiggestellt.

ZKM

"Werkstättenhochbau A", entworfen von Philipp Jakob Manz und 1918 fertiggestellt.

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Der Werkstättenhochbau A des Blitzarchitekten

Dieser Riegel ist gewaltig. Der „Hallenbau A“ misst 312 m in der Länge, 54 m in der Breite und lässt erahnen, dass die gesamte Anlage einst die Größe eines Stadtquartiers hatte. Der Stahlbetonskelettbau im Südwesten Karlsruhes ist bis heute in seiner Dimension singulär, gänzlich anders als die feingliedrige Dammerstock-Siedlung – ein Areal mit ebenso großer Bedeutung für die Architektur des 20. Jahrhunderts in Karlsruhe. 

In den wuchtigen Ausmaßen passt der „Werkstättenhochbau A“ zu seiner Vergangenheit, die stellvertretend für den fanatischen Militarismus Deutschlands steht. Die während des Ersten Weltkriegs gebaute Anlage galt bei ihrer Fertigstellung als eine der größten Industriebauten des Landes. Die Deutsche Waffen- und Munitionsfabrik (DWM) mit Sitz in Berlin war eine der wichtigsten Rüstungskonzerne der Welt. In der Niederlassung Karlsruhe wurden Munitionen und Werkzeugmaschinen für die Munitionsherstellung produziert. Der Entwurf für Werkstättenhochbau A war einfach und bis dahin einmalig. Er sah zwei parallel verlaufende Längsbauten vor, die miteinander verbunden sind und zehn Lichthöfe umschließen. Das langgestreckte Gebäude mit viel Tageslicht konnte problemlos erweitert werden und war damit ein bedeutendes Beispiel der seriellen Industriearchitektur. 

Diese durchgehend offene und auf einem weiten Pfeilerraster ruhende Struktur beeindruckt und macht das Innere licht und hell zugleich. Der Architekt Philipp Jakob Manz gilt als Wegbereiter des funktionalen Bauens und hat bedeutende Industriebauten in vielen Teilen Europas entworfen, vor allem aber im Südwesten Deutschlands. Zeitweise arbeiteten 100 Architekten und Ingenieure für Manz, der ab dem Ende des 19. Jahrhunderts eine der größten Büros des Landes betrieb. Wer damals Monumentalität und Funktionalität wollte, kam an Manz nicht vorbei – zumal er die Projekte schnell und effizient umsetzte. Daher sein Spitzname: „Blitzarchitekt“.

312 m lang, 54 m breit und in zehn Lichthöfe gegliedert.

Größe

312 m lang, 54 m breit und in zehn Lichthöfe gegliedert.

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durch das Hamburger Büro Schweger + Partner (heute Schweger Architekten GmbH SAA)

Umbau

durch das Hamburger Büro Schweger + Partner (heute Schweger Architekten GmbH SAA)

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Das 1989 gegründete ZKM zog 1997 in den Hallenbau A ein.

Einzug

Das 1989 gegründete ZKM zog 1997 in den Hallenbau A ein.

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Aus dem gewaltigen Waffengebäude wurde eine renommierte Kulturinstitution ...

Umwandlung

Aus dem gewaltigen Waffengebäude wurde eine renommierte Kulturinstitution ...

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... deren Mission es ist, die klassischen Künste ins digitale Zeitalter fortzuschreiben.

Mission

... deren Mission es ist, die klassischen Künste ins digitale Zeitalter fortzuschreiben.

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Das digitale Bauhaus

Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Industrieruine vom Abriss bedroht. In den 1980er-Jahre besetzten Künstler*innen die Räume und wiesen auf eine mögliche kulturelle Nutzung hin. Der Gemeinderat Karlsruhe beschloss den Hallenbau A zum Standort des neugegründeten ZKM Zentrum für Kunst und Medien und der ebenfalls neugegründeten Hochschule für Gestaltung (HfG) und der Städtischen Galerie Karlsruhe umzuwidmen. Das Hamburger Büro Schweger Architekten GmbH SAA (damals Schweger + Partner) konzipierte den Umbau ab den 1990er-Jahren. „Die Kulturfabrik erhält nicht nur einen faszinierenden Industriebau, sondern ist auch Ausgangspunkt für die städtebauliche Entwicklung eines ganzen Stadtteils. Der blaue Medienkubus des ZKM umhüllt den hermetisch geschlossenen Körper des Musikstudios mit einem Licht, das spielerisch in die Stadt leuchtet“, so das Architekturbüro. Das 1989 gegründete ZKM zog 1997 in den Hallenbau A ein. Aus dem gewaltigen Waffengebäude wurde eine renommierte Kulturinstitution, deren Mission es war (und ist), die klassischen Künste ins digitale Zeitalter fortzuschreiben. Das Haus aller Medien und Gattungen, der Malerei, Fotografie und Skulptur sowie der Video- und Medienkunst, der Musik, des Tanz, Theater und Performance sollte, so Gründungsdirektor Heinrich Klotz, das „elektronische bzw. digitale Bauhaus“ werden. 

Die erste deutsche Creative City of Media Arts

„Wir machen nicht nur Ausstellungen, wir entwickeln und produzieren auch – wir hinterfragen Etabliertes und entwickeln Neues. Wenn uns Vergangenes interessiert, dann sind es Persönlichkeiten, Entdeckungen und Entwicklungen die einst übersehen oder übergangen wurden und die wir an die Oberfläche holen wollen“, so die ZKM-Philosophie. Ein wichtiger Bereich ist die Digitalisierung, die das ZKM verständlicher und zugänglicher machen will. Erkenntnisse, die es im Gebäude, aber auch online teilen möchte. Daher beschreiben sie ihre Website als „Digitale Dependance“, auch um Teilhabe an der wissenschaftlichen Forschung des ZKM zu gewährleisten, um Expertenwissen und Öffentlichkeit zu verbinden. 

Im Herbst 2019 wurde Karlsruhe in das globale UNESCO Creative Cities Network aufgenommen, als erste deutsche Stadt in der Kategorie Medienkunst. Fast 40 Institutionen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Stadt hatten ihre Kräfte gebündelt und sich bei der UNESCO beworben. Diese wiederum hat mit der Aufnahme der badischen Stadt dessen besonderen Potenziale als Medienkunst- und Kreativstandort anerkannt. Das ZKM hat dabei eine besondere Rolle gespielt und wird dies weiterhin tun, z. B. mit dem neuen Festival „Seaons of Media Arts“. Medienkunst gehört damit endgültig zu Karlsruhe wie der berühmte Fächergrundriss. 

Die historische Bausubstanz und ...

Weitläufigkeit

Die historische Bausubstanz und ...

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... das räumliche Potential konnten durch den jahrelangen, umfassenden Umbau ...

Potential

... das räumliche Potential konnten durch den jahrelangen, umfassenden Umbau ...

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... voll zur Geltung gebracht werden.

Zeitlosigkeit

... voll zur Geltung gebracht werden.

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Unsere Empfehlung: genug Zeit sowohl für die Kunst und Ausstellungen als auch für die Architektur mitbringen.

Perspektiven

Unsere Empfehlung: genug Zeit sowohl für die Kunst und Ausstellungen als auch für die Architektur mitbringen.

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»The UNESCO Creative Cities Network is first and foremost a space for collaboration and experimentation to invent the city of tomorrow.«

Ernesto Ottone R., Assistant Director-General for Culture, UNESCO
Ausstellung vom 28.9.2019 bis 8.3.2020, LH 1 + 2, EG.

Respektive Peter Weibel

Ausstellung vom 28.9.2019 bis 8.3.2020, LH 1 + 2, EG.

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Zum 100-jährigen Bauhausjubiläum zeigt die Wanderausstellung des ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) ...

Die ganze Welt ein Bauhaus

Zum 100-jährigen Bauhausjubiläum zeigt die Wanderausstellung des ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) ...

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... in Kooperation mit dem ZKM, wie das Bauhaus zum Inbegriff einer gestalterischen und sozialen Erneuerung wurde.

Die ganze Welt ein Bauhaus

... in Kooperation mit dem ZKM, wie das Bauhaus zum Inbegriff einer gestalterischen und sozialen Erneuerung wurde.

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26.10.2019 bis 16.2.2020, im LH 1 + 2, 1. OG.

Die ganze Welt ein Bauhaus

26.10.2019 bis 16.2.2020, im LH 1 + 2, 1. OG.

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ZKM

Zentrum für Kunst und Medien, Lorenzstr. 19, 76135 Karlsruhe. 1989 gegründete Kulturinstitution und seit 1997 im denkmalgeschützten Industriebau einer ehemaligen Munitionsfabrik, entworfen vom Stuttgarter Architekten Philipp Jakob Manz und 1918 fertiggestellt. Die als Hallenbau A bekannte Industrieruine wurde ab 1993 nach Plänen des Hamburger Büros Schweger umgebaut. 1999 wurden die Räume für das Museum für Neue Kunst und die Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe (Einzug 2001) fertiggestellt. 2005 wurde das Museum ins ZKM integriert. Das ZKM hat eine Ausstellungsfläche von 15.000 m2 sowie Forschungslabore, eine Mediathek und Veranstaltungs- und Vermittlungsräume. Das ZKM präsentiert Sonderausstellungen und thematische Veranstaltungen, forscht und produziert zu den Auswirkungen der Digitalisierung und Globalisierung. Im Ranking der weltweit größten Datenbank ArtFacts.Net erreicht das ZKM Platz 4 innerhalb der Museen weltweit. Das ZKM hat nicht nur eine Spitzenposition unter den deutschen Museen, sondern zählt damit auch zu den bedeutendsten Kunstinstitutionen der Welt.

Ausstellungen im ZKM

Writing the History of the Future – Die Sammlung des ZKM

Zum 30-jährigen Bestehen zeigt das ZKM erstmals Werke der weltweit größten Medienkunstsammlung: Konzeptkunst, Performance, kinetische Kunst, Op-Art, Sound Art, Videokunst, Foto, Film und computerbasierte Werke. Die alle Gattungen und Medien übergreifende Schau auf über 6000 m2 spiegelt die technologisch-mediale Entwicklung unserer Gesellschaft und will neue Perspektiven auf die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts bieten. Eintritt frei, im LH 8 + 9.

Die ganze Welt ein Bauhaus

Zum 100-jährigen Bauhausjubiläum zeigt die Wanderausstellung des ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) in Kooperation mit dem ZKM, wie das Bauhaus zum Inbegriff einer gestalterischen und sozialen Erneuerung wurde, auch aus einer globalen Perspektive. Zuvor war die Ausstellung in Argentinien, Mexiko und den USA. 26.10.2019–16.2.2020, im LH 1 + 2, 1. OG.

Respektive Peter Weibel

Anlässlich des 75. Geburtstages von Peter Weibel zeigt das ZKM einen Überblick über das Gesamtwerk des renommierten Medien- und Konzeptkünstlers, der seit 1999 als künstlerisch-wissenschaftlicher Vorstand des ZKM tätig ist. 28.9.2019–8.3.2020, LH 1 + 2, EG.

Philipp Jakob Manz

1861–1936, geboren in Kohlberg (Württemberg), gestorben in Stuttgart. Deutscher Architekt mit bedeutsamen Beitrag zur Industriearchitektur in Deutschland und Pionier des funktionalen Bauens. Studium und Ausbildung an der Königlichen Württembergischen Baugewerkschule Stuttgart (heute Hochschule für Technik Stuttgart). Danach zehnjährige Tätigkeit im Architekturbüro seines ehemaligen Lehrers Otto Tafel mit wichtigen Impulsen für Manz in Richtung Industriearchitektur und öffentlicher Profanbau. Sein eigenes Architekturbüro entwickelt sich mit der Planung für innovative Konstruktionen und Industriehallen rasant. Zeitweise beschäftigte Manz bis zu 100 Architekten mit 80–100 Entwürfen pro Jahr im damaligen Österreich-Ungarn, in ganz Zentraleuropa, in Frankreich und vor allem im Südwesten Deutschlands. Es war das größte Industriebaubüro des Landes. Die von Manz entworfene Fabrikanlage für die Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken AG, heute das ZKM, wurde 1918 fertiggestellt.

UNESCO Creative City of Media Arts

Karlsruhe ist die erste deutsche UNESCO Creative City of Media Arts und wurde im Herbst 2019 in das weltweite Creative Cities Netzwerk aufgenommen. Die Bewerbung von fast 40 Institutionen aus Kultur, der Kreativwirtschaft, Forschung, Wissenschaft und der digitalen Open-Source.Szene sowie städtischen Gesellschaften und Dienststellen konnten die UNESCO Generaldirektion in Paris überzeugen. Als neues Mitglied des Städtenetzwerks tritt Karlsruhe künftig in einen Austausch mit Großstädten aus der ganzen Welt. Das UNESCO Creative Cities Network (UCCN) wurde 2004 mit dem Ziel der Förderung der Kreativwirtschaft gegründet. Zum UCCN u. a. mit den Kategorien Design, Film, Gastronomie und Literatur gehören inzwischen über 180 Städte. Aktuell gibt es ein Dutzend Media Arts-Städte, darunter Linz, Lyon, Sapporo, Toronto und seit Herbst 2019 Karlsruhe.