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Rheinstädte und ihre neuen Häfen, Teil 2 – Von der Silberwelle zum Spektakelhafen
Reportage / Übernachten: Unter den drei Häfen, die wir erkundet haben, ist der Medienhafen der Individualist. Im Vergleich zum harmonisch-hermetischen Innenhafen Duisburg und der gradlinigen Sachlichkeit des Rheinauhafens in Köln, prägen ihn architektonische Vielfalt und Verschiedenartigkeit auf einem im Vergleich zu den beiden anderen Häfen kleineren Raum. Hinzu kommen Topografie und Lage des Düsseldorfer Neuhafens, der mit seiner Durchlässigkeit und seinen Sichtachsen gen Innenstadt luftig und transparent wirkt. Eine der dramatischsten Aussichtspunkte ist Pebble’s Terrasse mit einem Fünfsternehotel im Rücken und dem unverstellten Stadt- und Fluss-Panorama. Hier wirkt The Dorf wie Dubaism oder Singapurismus, wenn Ausblick, Architektur und Ambiente ein dreifaches Bling-Bling-Bündnis gelingt. Dass der Hafen darüber hinaus mit so viel individueller Baukunst punkten kann, liegt auch an der Herangehensweise der Landeshauptstadt von NRW. Bei der Umgestaltung des alten Rheinhafens gab es keine Flächensanierung und kein architektonisch-städtebauliches Gesamtkorsett. Jedes Grundstück wurde individuell behandelt und für seine künftigen Nutzer angepasst. Das Resultat ist eine Architektur, die trotz oder gerade wegen dieser Ausrichtung kompakt, abwechslungsreich und in Höhe, Breite und Aussehen äußerst spannend anmutet.
1990 begann die Stadt mit der Umstrukturierung des ehemaligen Zollhafens, einem kleinen Teil der Fläche des Gesamthafens und zeitgleich mit den Planungen in Duisburg. Zuvor war der Rheinturm (1982) gebaut worden, 1988 folgte der Neubau des Landtags. Beide sind nur wenige Minuten vom Medienhafen entfernt, der 1999 plötzlich sehr präsent wurde. Frank O. Gehry & Associates und Beucker Maschlanka und Partner hatten den kontrastreich aus drei Gebäuden bestehenden Neuen Zollhof nach dreijähriger Bauzeit fertiggestellt. Materialität und Asymmetrie prägen den Dreier-Bau: Edelstahl, Kalkstein und roter Klinker bestimmen die Fassaden von Haus B, Haus C und Haus A. Das Ensemble hatte nicht nur eine landesweite, sondern auch internationale Signalwirkung für die Entwicklung des Medienhafens. Darüberhinaus steht es stellvertretend für das Baukultur-Konglomerat und seine mittlerweile fast 20jährige Geschichte. Wer das Areal besucht, entdeckt Sichtbeton, Stahlblechverkleidung und Glaspaneele. Es gibt Buntes, Zylindrisches und Gewagtes. Bauten, die bescheiden sind und Architekturen, die angeben. Vielen gemeinsam ist der Bezug zum Wasser und zum Hafen-Ursprung des Areals. Auch im Rheinauhafen und im Duisburger Innenhafen ist die Hafenatmosphäre spürbar. Im Medienhafen jedoch fühlt es sich etwas rauer und erdiger an. Kaimauern, Pollern, schmiedeeiserne Geländer und Gleisanlagen haben Patina, ein Kontrast zur geschäftigen Atmosphäre. Insofern ist die Hafenarchitektur ein Zusammenspiel aus Gestaltung und Gegensatz, aus Individualismus und Verbindungen zum Fluss, zur Stadt und zur Umgebung.
Über 800 Unternehmen mit fast 9.000 Beschäftigten sind in das Quartier gezogen und nutzen so das Image des von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalens als „Architekturmeile“ bezeichneten Medienhafens. Über 70 % der ansässigen Firmen haben hier ihren Hauptsitz. Dass die Hafenarchitektur weiterentwickelt wird, zeigt sich an den Baustellen an der Franziusstraße, wo das Casa Stupenda (das wunderbare Haus) von Renzo Piano Building Workshop (RPBW) entsteht. Was mit Gehrys dekonstruktivistisch-freiförmiger Silberwelle begann, führten David Chipperfield, Pritzker-Preisträger Fumihiko Maki und Helmut Jahn auf ihre Art weiter. Mit RPBW folgt die passende Ergänzung. Wo und was die Baumeister geleistet haben, zeigen wir in unserem Rundgang Am Handelshafen und in der Speditionsstraße. Dass hier kein Bau-Sammelsurium entstanden ist, verdankt das Quartier auch dem vielfältigen Formenspiel und den kreativen Lösungen, was zeigt: auch Individualisten können sich gut in ein Gruppenbild einfügen.
Am Handelshafen / Neuer Zollhof
Speditionsstraße / Julo-Levin-Ufer
me and all hotels
Düsseldorf
Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens mit über 610.000 Einwohnern (Stand Ende 2015) und nach Köln die zweitgrößte Stadt des Bundeslandes. Düsseldorf liegt am Rhein, in der Metropolregion Rhein-Ruhr, die zehn Millionen Einwohner zählt, und im Kern des zentralen, europäischen Wirtschaftsraumes. Düsseldorf erhielt 1288 das Stadtrecht und war vom Ende des 14. Jahrhunderts bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts Residenz und Regierungssitz von Ländern des Heiligen Römischen Reichs und des Rheinbundes. Vom 19. bis ins 20. Jahrhundert war sie Parlamentssitz der preußischen Rheinprovinz und entwickelte sich im Zuge der Industrialisierung zum „Schreibtisch des Ruhrgebiets“. Düsseldorf ist Messestadt und Sitz börsennotierter Unternehmen und umsatzstärkster deutscher Standort für Wirtschaftsprüfung, Unternehmens- und Rechtsberatung, Werbung und Kleidermode. Das Stadtbild wird durch Hochhäuser, Kirchtürme, den 240 Meter hohen Rheinturm und sieben Rheinbrücken geprägt. Die Stadt hat die größte japanische Gemeinde Deutschlands.
THE LINK Tipp:
Wir haben im me and all-Hotels Düsseldorf übernachtet, das uns eingeladen hatte. „Chill-out-Zone, Melting pot. Das japanische Düsseldorfgefühl“, so beschreibt das zur Lindner Gruppe gehörende Hotel Ausrichtung und Ambiente des Hauses mit den 177 Zimmern (Planung GNA Grimbacher Nogales Architekten, Düsseldorf). Die neue Boutique-Marke der Lindner Hotels AG mitten im japanischem Viertel spricht mit einer betont lässigen, urbanen Atmosphäre City- und Geschäftsreisende an. Was sich nach einer weiteren, cleanen Businesskette anhört, entpuppt sich als Kosmopoliten-Showroom mit detailverliebtem und reduziertem Design ohne über-designed zu sein. Das liegt an der Materialität mit warmem Holz, feinem Industrial Style und passendem Vintage- und Salonlook mit Japan-Touch (Planung Geplan Design, Stuttgart). Hinzu kommt die direkte, verspielte Ansprache. Diese mutet zunächst Ikea-mäßig jung und duzig an, entpuppt sich aber als konsequent-authentische Internationale. Insofern ist das Ende 2016 eröffnete Viersternehotel perfekt in „Little Tokio“ eingebettet. Bei der Umsetzung des neuen Boutique-Konzeptes wurde auf Tagungsräume, Wellnessbereich und Restaurants verzichtet. Dafür haben die Innenarchitekten den Grundriss der Zimmer auf besondere Art definiert: die Duschen sind direkt an den Fassaden installiert. Als gastronomisches Angebot gibt es in der obersten Penthouse-Etage ein Frühstücksraum mit beeindruckendem Blick über die Stadtsilhouette. Dieser wird abends in eine Bar umfunktioniert und so zur leuchtenden Hotelkrone. Adresse: Immermannstraße 23, 40210 Düsseldorf. Tel. +49 211 54259 0.