In Duisburg fing alles an. Vor gut zweihundert Jahren schuf hier am Zusammenfluss von Rhein und Ruhr Franz Haniel das erste Großunternehmen zur Förderung und Verarbeitung von Kohle und Erz. Im Landschaftspark Duisburg-Nord legen die bis 1985 befeuerten Hochöfen noch ein beeindruckendes Zeugnis von der Montanindustrie im Ruhrgebiet ab. Die Natur erobert Teile des Geländes zurück, die Bauten bieten Platz für Sport und kulturelle Events.

Die Zeichen des Wandels, den der Ruhrpott mit der Abkehr von Kohle und Stahl durchläuft, sind auch andernorts in Duisburg zu finden. Wirtschaftlich vor allem im Stadtteil Ruhrort mit dem inzwischen größten Binnenhafen der Welt, der mit seiner Zugverbindung nach China auch ein Endpunkt der neuen Seidenstraße ist. Kulturell mit dem Innenhafen im Zentrum, zu dessen Revitalisierung das Museum Küppersmühle den stärksten Beitrag leistet – mit Anklängen an die Tate Modern in London, woran die für Umbau und Ausbau verantwortlichen Architekten Herzog & de Meuron selbst erinnern.

Klar gegliedert.. An der Nordseite zum Wasser hin lässt sich die Struktur des Gebäudes am besten ablesen. Rechts neben dem hellen Stahlsilo von 1934
sind zwei Flügel der 1908 errichteten Getreidemühle für Ausstellungszwecke umgebaut. Die meisten Fenster wurden zugemauert, drei Geschossdecken heraus gebrochen, um Raumhöhen zu erreichen, und vertikale Fensterschlitze eingesetzt. Im dritten Flügel sind Verwaltung und ein Restaurant untergekommen. Den östlichen Abschluss bildet der Neubau mit dem gezackten Sheddach.
Klar gegliedert. An der Nordseite zum Wasser hin lässt sich die Struktur des Gebäudes am besten ablesen. Rechts neben dem hellen Stahlsilo von 1934 sind zwei Flügel der 1908 errichteten Getreidemühle für Ausstellungszwecke umgebaut. Die meisten Fenster wurden zugemauert, drei Geschossdecken heraus gebrochen, um Raumhöhen zu erreichen, und vertikale Fensterschlitze eingesetzt. Im dritten Flügel sind Verwaltung und ein Restaurant untergekommen. Den östlichen Abschluss bildet der Neubau mit dem gezackten Sheddach. © Ludwig Moos
Beton statt Ziegel.. Das neue Treppenhaus mit seiner glatten Fassade und dem durchgezogenen Fensterschlitz nimmt die Dachneigung des Altbaus auf.
Beton statt Ziegel. Das neue Treppenhaus mit seiner glatten Fassade und dem durchgezogenen Fensterschlitz nimmt die Dachneigung des Altbaus auf. © Ludwig Moos
Schwungvoller Aufgang.. Die gewundene Treppe mit den Spuren der Schalung verbindet die drei Stockwerke des Bestandsgebäudes.
Schwungvoller Aufgang. Die gewundene Treppe mit den Spuren der Schalung verbindet die drei Stockwerke des Bestandsgebäudes. © Ludwig Moos
Weiße Kuben.. Das Entfernen der Zwischendecken hat Ausstellungsräume geschaffen, die dem White-Cube-Prinzip ("weißer Würfel") folgen – darunter versteht man das Ausstellungskonzept, Kunst in weißen Räumen zu präsentieren.
Weiße Kuben. Das Entfernen der Zwischendecken hat Ausstellungsräume geschaffen, die dem White-Cube-Prinzip ("weißer Würfel") folgen – darunter versteht man das Ausstellungskonzept, Kunst in weißen Räumen zu präsentieren. © Ludwig Moos
Hohe Wände.. Bei Deckenhöhen von sechs Metern lassen sich auch großformatige Werke wie Anselm Kiefers „Sternen-Lager“ hängen. Wie hier sind alle Fußböden im Museum mit grauem, türkischem Basalt belegt.
Hohe Wände. Bei Deckenhöhen von sechs Metern lassen sich auch großformatige Werke wie Anselm Kiefers „Sternen-Lager“ hängen. Wie hier sind alle Fußböden im Museum mit grauem, türkischem Basalt belegt. © Ludwig Moos
Starke Stützen.. Zwischen den massiven Säulen, auf denen das stählerne Silo ruht, findet sich der Zugang zum Erdgeschoss des Neubaus.
Starke Stützen. Zwischen den massiven Säulen, auf denen das stählerne Silo ruht, findet sich der Zugang zum Erdgeschoss des Neubaus. © Ludwig Moos
Geöffneter Silo.. Sechs Zylinder wurden herausgenommen, nun geht der Blick über die malerisch korrodierten Flächen gut vierzig Meter in die Höhe. Zwei dunkle Stahlbrücken verbinden im ersten und zweiten Obergeschoss den alten mit dem neuen Teil des Museums.
Geöffneter Silo. Sechs Zylinder wurden herausgenommen, nun geht der Blick über die malerisch korrodierten Flächen gut vierzig Meter in die Höhe. Zwei dunkle Stahlbrücken verbinden im ersten und zweiten Obergeschoss den alten mit dem neuen Teil des Museums. © Ludwig Moos
Intime Vorräume.. Zwischen Silo und Galerien erlauben Brüstungen mit eingelassenen Sitzgelegenheiten und kleinen Ausstellungsbereichen ein Innehalten.
Intime Vorräume. Zwischen Silo und Galerien erlauben Brüstungen mit eingelassenen Sitzgelegenheiten und kleinen Ausstellungsbereichen ein Innehalten. © Ludwig Moos
Ballsaal der Kunst.. Im dritten Stockwerk, über das nur der Neubau verfügt, finden unter dem Fabrikbauten entlehnten Sheddach auf 450 Quadratmetern Sonderschauen Platz wie hier zu Sigmar Polke.
Ballsaal der Kunst. Im dritten Stockwerk, über das nur der Neubau verfügt, finden unter dem Fabrikbauten entlehnten Sheddach auf 450 Quadratmetern Sonderschauen Platz wie hier zu Sigmar Polke. © Ludwig Moos
Neuauflage.. Vom Dachgeschoss des Neubaus wendelt sich eine Treppe nach unten, die mit ihren Biegungen, den Spuren der Verschalung und der Wandfarbe ihr Pendant im Bestandsbau variiert.
Neuauflage. Vom Dachgeschoss des Neubaus wendelt sich eine Treppe nach unten, die mit ihren Biegungen, den Spuren der Verschalung und der Wandfarbe ihr Pendant im Bestandsbau variiert. © Ludwig Moos
Backsteinfarben.. Mit zermahlenem Ziegel eingefärbt, erinnert der Sichtbeton des Treppenhauses an das Baumaterial der alten Getreidemühle.
Backsteinfarben. Mit zermahlenem Ziegel eingefärbt, erinnert der Sichtbeton des Treppenhauses an das Baumaterial der alten Getreidemühle. © Ludwig Moos
Addition zum Altbau.. Unverkennbar modern gelingt dem Neubau mit dem Farbspiel und der Gliederung der Backsteinfassade eine bruchlose Verbindung zum alten Baubestand.
Addition zum Altbau. Unverkennbar modern gelingt dem Neubau mit dem Farbspiel und der Gliederung der Backsteinfassade eine bruchlose Verbindung zum alten Baubestand. © Ludwig Moos
Gespaltene Ziegel.. Die Textur der Fassade verdankt sich einem aufwändigen Verfahren. Jeder Ziegel ist mittig gebrochen und mit der löchrigen Innenseite nach außen vermauert. Wie beim Anbau der Tate Modern haben Herzog & de Meuron auch hier mit der niederbayrischen Ziegelei Girnghuber zusammen gearbeitet.
Gespaltene Ziegel. Die Textur der Fassade verdankt sich einem aufwändigen Verfahren. Jeder Ziegel ist mittig gebrochen und mit der löchrigen Innenseite nach außen vermauert. Wie beim Anbau der Tate Modern haben Herzog & de Meuron auch hier mit der niederbayrischen Ziegelei Girnghuber zusammen gearbeitet. © Ludwig Moos
Masterplan.. Der Innenhafen von Duisburg, durch einen Kanal mit dem Rhein verbunden, war lange von Getreidemühlen gesäumt und galt als der Brotkorb des Ruhrgebietes. Um den Niedergang seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts aufzuhalten, beauftragte die Stadt um die Jahrtausendwende Norman Foster mit einem Masterplan. Inwischen sind die Promenaden am Wasser mit Häusern zum Wohnen, Arbeiten und Ausgehen bestückt und die alten Fabriken haben neue Funktionen – mit der Küppersmühle als Highlight.
Masterplan. Der Innenhafen von Duisburg, durch einen Kanal mit dem Rhein verbunden, war lange von Getreidemühlen gesäumt und galt als der Brotkorb des Ruhrgebietes. Um den Niedergang seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts aufzuhalten, beauftragte die Stadt um die Jahrtausendwende Norman Foster mit einem Masterplan. Inwischen sind die Promenaden am Wasser mit Häusern zum Wohnen, Arbeiten und Ausgehen bestückt und die alten Fabriken haben neue Funktionen – mit der Küppersmühle als Highlight. © Ludwig Moos

"Ich habe keine Vorliebe für diese oder jene Architektursprache. Es ist mir wichtig, eine möglichst breite Palette zu bespielen, nicht nach Lust und Laune, aber in präziser Reaktion auf eine bestimmte Aufgabenstellung. Hier bei der Küppersmühle ergab es Sinn, dass der Neubau sich in einer Addition anfügt und das, was schon da ist, in verwandter Art ergänzt: eben beinahe so, als ob es schon immer hier gewesen wäre."

Jacques Herzog, Architekt, zitiert in der Süddeutschen Zeitung, 4. Oktober 2021

Von Ludwig Moos Autor und Historiker, veröffentlicht am .