Krumbach. Österreich. Sponsored. BUS:STOP war ein Architekturprojekt, das den Vorarlberger Ort Krumbach schlagartig berühmt machte. Sieben international renommierte Architekturbüros entwarfen spektakuläre Bushaltestellen, meisterhaft von den Handwerkern des Bregenzerwaldes und mit Hilfe von über 200 Menschen umgesetzt. Seitdem muss man sich andernorts fragen lassen: warum sehen eure Bushaltestellenhäuschen so dröge aus?
„Es begann mit einer Schnapsidee hier in einer Kneipe“, erklärt Klaus Riedl, als wir im hübsch aufgeräumten und von Holz-Glas-Stein-Bauten gesäumten Dorfzentrum von Krumbach stehen. Natürlich sind Neubauten wie das Gemeindezentrum und ein Mehrfamilienhaus an der Hittisauer Straße sehenswert und zeugen von der besonderen Bregenzerwald-Kombination aus Architektur, Materialität und ungewöhnlichem Raumerlebnis. Doch die eigentliche Attraktion sind Bushaltestellen. Ja, genau, die überwältigend oft unattraktiven Straßenrand-Konstrukte, die gerne mit City-Light-Postern aufgedonnert werden auf dass die hinterleuchteten Plakate in verglasten Vitrinen die öffentlichen Nutzbau-Ärgernisse überstrahlen mögen.
In Krumbach dagegen nahmen Lokalpolitiker und Engagierte das in einer Gaststube geborene Hirngespinst zum Anlass, um gemeinschaftlich das Projekt „BUS:STOP“ zu entwickeln. Aus dem „Lasst uns unsere Buswartehüsle von Architekten entwerfen“ wurde ein „1000-Einwohner-Dorf mit Weltdesign“. Dass sich Neues und Ungewohntes auszahlte, lag auch am Mut und der Hartnäckigkeit der Beteiligten. Und dass sich viele Teile fügten. Denn über Kontakte zum Direktor des Architekturzentrums Wien, Dietmar Steiner, konnte dieser sieben international renommierte Architekten und Büros gewinnen:
Smiljan Radic (Chile) Antón Garcia-Abril und Débora Mesa (Ensamble Studio, Spanien) die Belgier Jan De Vylder, Inge Vinck und Jo Taillieu (dvvt) den Pritzker-Preisträger Wang Shu mit seiner Ehefrau Lu Wenyu aus China die Norweger Sami Rintala und Dagur Eggertsson und Alexander Brodsky (Russland) Sou Fujimoto (Japan), der uns bereits in Ostwestfalen mit einer Arbeit an der Kunsthalle von Philip Johnson begegnet ist. Weltarchitektur ist das eine, die Umsetzung das andere. „Weit über 200 Menschen haben BUS:STOP möglich gemacht“, so Klaus Riedl und hebt besonders das Engagement der Handwerker, der lokalen und regionalen Partnerarchitekten und die Großzügigkeit der vielen Unterstützer und Sponsoren, z. B. aus der Tourismusbranche hervor. 2014 war es dann soweit: die sieben sehr unterschiedlichen Wartehäuschen irgendwo zwischen Tradition und Installation, Handwerk und Architekturkunst waren fertiggestellt. Wir zeigen in diesem Fotorundgang ein Architektur-Ensemble der auffallend-aussehenerregenden Art mit Inspirationen aus der Bregenzwälder Stube bis hin zur Konzeptkunst des Amerikaners Sol LeWitt .
Zwing. Smiljan Radic, Chile BUS:STOP in Zwing Das von Smiljan Radic Clarke entworfene Wartehäuschen ist eine Referenz an die Bregenzerwälder Stube. Dazu hat er ein Stück Stube als Glaspavillon mit einer Kassettendecke aus schwarzem Beton in die Landschaft gesetzt. Drei rustikale Holzstühle und ein Vogelhaus komplettieren es. © Hendrik Bohle BUS:STOP in Zwing Ein Stück Heimat, das in seiner gläsernen Form fremd und vertraut erscheint. 1968 in Santiago de Chile geboren, wurde Radic 2001 zu einem der besten Architekten des Landes gewählt. 2014 hat er den Pavillon der Serpentine Gallery in London gestaltet. © Hendrik Bohle BUS:STOP Zwing THE LINK-Betreiber J. Dimog und H. Bohle mit Klaus Riedl, dem ehemaligen und langjährigen Gemeindesekretär von Krumbach. © THE LINK Unterkrumbach. Nord Ensamble Studio mit Antón Garcia-Abril und Débora Mesa, Spanien BUS:STOP Unterkrumbach Nord Ensamble Studio aus Madrid untersuchen Architektur auf eine extreme Art und gehen gerne an die Leistungs- und Belastungsgrenzen der dabei benutzten Materialien. Die Faszination der rohen Eichenhölzer und deren Schichtung in den Lagern im Bregenzerwald nahmen die Firmengründer Antón Garcia-Abril (*1969) und Débora Mesa (*1982) als Grundlage für das Wartehäuschen in Unterkrumbach Nord. Sie schichteten die unbehandelten Bretter zu einer höhlenartigen Station, der man die Witterung und die Alterung ansieht. © Hendrik Bohle BUS:STOP Unterkrumbach Nord In Krumbach haben sie zum ersten Mal mit Holz gearbeitet – wir sind gespannt in welche Architektur die Belastungsproben mit anderen Materialien münden. © Hendrik Bohle Unterkrumbach Süd. Architecten De Vylder Vinck Taillieu (dvvt), Belgien BUS:STOP Unterkrumbach-Süd Der Weg war das Ziel. Als Jan De Vylder (*1968), Inge Vinck (*1973) und Jo Taillieu (*1971), kurz dvvt, von der Mailänder Möbelmesse auf dem Heimweg nach Belgien waren, legten sie einen Zwischenhalt in Krumbach ein, der sie prägen sollte wie die Konzeptkunst von Sol LeWitt (1928–2007). © Hendrik Bohle BUS:STOP Unterkrumbach Süd Denn sowohl die alpine Bergwelt als auch der räumliche Minimalismus des amerikanischen Künstlers aus New York flossen in den Entwurf von dvvt ein, geometrisch abstahiert, aber als Gipfelspitze und Stahl-Faltung erkennbar. © Jan Dimog BUS:STOP Unterkrumbach Süd Die trianguläre Form des Architekturbüros aus Gent benannten sie nach dem Monat, an dem der kreative Prozess begann: April. © Jan Dimog Glatzegg, Amateur Architecture Studio, Wang Shu und Lu Wenyu, China BUS:STOP Glatzegg Wang Shu erhielt 2012 als erster Chinese den Pritzker-Preis, womit die Jury der weltweit höchsten Architekturauszeichnung auch die Bedeutung der neuen chinesischen Baukunst unterstrich. © Hendrik Bohle BUS:STOP Glatzegg Die Gebäude des Architekten verfügen über „die einzigartige Fähigkeit, die Vergangenheit zu evozieren, ohne direkte Anspielungen an die Geschichte zu machen“, so die Jury. Für die Haltestelle in Glatzegg bezogen sich Wang Shu und seine Frau Lu Wenyu – beide hatten ihr Architekturbüro Amateur Architecture Studio 1997 in Hangzhou gegründet – auf den unverstellten Blick zu beiden Seiten des BUS:STOP. © Hendrik Bohle BUS:STOP Glatzegg Eine Seite ist ein konischer Raum, der sich als Camera Obscura zur Straße öffnet, während das Fenster an der Rückwand die Blickachse zu den Bergen rahmt. Hier ist die Landschaft mindestens so wichtig wie der Bau selbst. © Hendrik Bohle Kressbad
. Rintala Eggertsson Architects, Norwegen BUS:STOP Kressbad Installation? Ephemerer Eingriff? Wenn Sami Rintala, Dagur Eggertsson und Vibeke Jenssen Projekte gestalten, scheinen sie sich am wohlsten in den Schnittmengen von Architektur, Design und Kunst wohlzufühlen … © Hendrik Bohle BUS:STOP Kressbad ... sei es in Norwegen, Thailand oder Italien. Die drei Architekten und Künstler aus Finnland (Rintala, *1969), Island (Eggertsson, *1965) und Norwegen (Jenssen, *1962) schufen für das Wartehaus Kressbad eine handwerklich erstklassige Holzkonstruktion (durch Tischlerei Steurer mit lokalen Handwerkern) mit doppelter Ausrichtung ... © Hendrik Bohle BUS:STOP Kressbad ... einerseits Busstation mit Blick auf die Straße. Andererseits und nur wenige Stufen entfernt eine Tribüne für den nahen Tennisplatz. Oder als Ausblickpunkt für den weiten Himmel. © Jan Dimog BUS:STOP Kressbad In der ersten Etage der Rintala-Eggertsson-Station. © THE LINK Oberkrumbach. Alexander Brodsky, Russland BUS:STOP Oberkrumbach Dieses Wartehaus ist ein Holzturm, bescheiden und ungekünstelt. Aber es wäre kein Alexander Brodsky-Konstrukt (eigentlich: Alexander Sawwitsch Brodski, *1955), wenn es nicht doch noch eine Überraschung gäbe. © Hendrik Bohle BUS:STOP Oberkrumbach Dazu war der Künstler und Architekt aus Moskau im Laufe seiner Karriere in seinen Entwürfen zu fantasievoll und für viele seiner Landsleute auch zu visionär, als dass er es mit einer simplen Vertikalen beließe. © Hendrik Bohle BUS:STOP Oberkrumbach Daher die Öffnungen und die zweite Ebene scheinbar ohne Funktion. Oder vielleicht doch? Darüber kann der Besucher auf der blauen Bank sinnieren. Und darüber wie die Zimmerei Gerhard Bilgeri aus Riefensberg und andere Beteiligte auch hier eine präzis-wertige Handwerksarbeit abgeliefert haben. © Hendrik Bohle Bränden. Sou Fujimoto, Japan BUS:STOP Bränden Ein Visionär und Erneuerer: so wird oft über den 1971 in Hokkaido geborenen Architekten und Hochschullehrer Sou Fujimoto berichtet. © Hendrik Bohle BUS:STOP Bränden Der Japaner lässt Gegensätzliches in seine Entwürfe fließen und konzentriert sich oft auf das Verhältnis von Natur und Architektur, auf Leichtigkeit und Durchlässigkeit. 2013 gestaltete er den renommierten, temporären Serpentine Gallery-Pavillon in London, ein feines, fast wolkengleiches Konstrukt aus Stahlstangen. © Jan Dimog BUS:STOP Bränden Das Wartehaus in Bränden ist gar keins, sondern eine offene Struktur aus dünnen Pfeilern (Umsetzung durch Eberle Metall Exclusiv Hittisau sowie lokalen Handwerkern) mit einer Stiege, die zu einem Podest hoch über der Straße führt. Von der Plattform lässt sich die Fujimoto-Philosophie, die Raum, Natur, Kunst und Architektur verbindet, am besten verstehen. Was für ein Weitblick! © Hendrik Bohle Krumbach+ Im Dorfzentrum empfehlen wir den Gang zu weiteren Bauten, die die gelungene Kombination aus Handwerk, Tradition und Architektur im Bregenzerwald zeigen. Der Ort beweist: wer klein ist, kann ziemlich großes Design schaffen!
Krumbach Bushaltestelle Von Hermann Kaufmann, Bernardo Bader und Rene Bechter. Fertigstellung 2011. Die Haltestelle bildet das Zentrum des Projekts BUS:STOP. © Jan Dimog Sommerhaus Fussballclub Krumbach Von Bernardo Bader Architekten, Dornbirn. Fertigstellung: 2000. Bader (*1974) gehört zur neuen Architektengeneration, die in Vorarlberg und darüber hinaus hochgelobte Projekte realisieren. 2013 erhielt Bader den Aga Khan Award for Architecture. Das Sommerhaus war seine erste umgesetzte Arbeit. © Jan Dimog Pfarrhaus Von Hermann Kaufmann. Fertigstellung: 2013. Kaufmann (*1955) entstammt einer alt eingesessenen Zimmermannsfamilie im Bregenzerwald und hat mit seinem Büro HK Architekten zahlreiche, preisgekrönte Projekte umgesetzt. © Jan Dimog Pfarramt Treppenhaus Von Hermann Kaufmann. Fertigstellung: 2013. © Jan Dimog Hittisauer Straße, Krumbach Mehrfamilienhaus von Hermann Kaufmann. Fertigstellung: 2015. © Jan Dimog "Bescheidenheit ist der Schmuck dieser Häuser."
Arnold Hirschbühl, Bürgermeister von Krumbach von 1995–2018 Krumbach Eine Gemeinde im Bregenzerwald und im österreichischen Bundesland Vorarlberg mit 1.000 Einwohnern aus 17 Nationen auf einer Höhe von 732 Metern. Krumbach wurde 1249 gegründet und ist u. a. bekannt für seine Moore, Stickerei und die Bushaltestellenhäuschen. Der Ort hat 246 Gästebetten und 798 Rinder.
BUS:STOP Die Erneuerung einiger „Buswartehüsle“ war der Anlass für eines der ungewöhnlichsten Architekturprojekte in Österreich. Der Verein „Kultur Krumbach“ lud sieben international renommierte Architekten in den Bregenzerwald ein, um sieben Wartehäuschen zu gestalten. Bedingungen: man muss hineinschauen und hinausschauen können und es braucht ein Dach (für Sou Fujimoto machte man eine Ausnahme). Weit über 200 Menschen engagierten sich für das Projekt BUS:STOP: Handwerker, Architekten und Partnerarchitekten, Sponsoren, Freunde und Hoteliers der Region. Das Resultat ist ein Architekturensemble, das Anlass und Ansporn für andere Gemeinden, Dörfer und Städte sein muss: macht eure Orte schöner!
www.bregenzerwald.at
www.krumbach.at
Jan Dimog (Publizist und Gründer) Jan Dimog mag erhellende Geschichten über Menschen, Bauten und Orte. Ausgebildeter Journalist und Drehbuchautor mit Stationen in Groß- und Kleinverlagen, Agenturen und bei der "International Security Assistance Force (ISAF)" in Afghanistan als Mentor und Redakteur. Mit philippinischen Wurzeln auf Fehmarn und in Westfalen aufgewachsen. Seit 2001 Wahlberliner. Sein Debüt als Dokfilmautor wurde auf arte ausgestrahlt: "Countdown Afghanistan". Seit 2014 hat er mehrere Bücher veröffentlicht, 2018 und 2019 die Architekturführer Kabul und Slowenien. Mehr über die Autoren von The Link .