Die Architektur der Universitätsstadt: Die Ideengeber der Idealstadt – Architektur in Karlsruhe
Karlsruhe. Deutschland. [Anzeige] Viele bekannte Persönlichkeiten prägten die Architektur von Karlsruhe. Zugleich haben sie auch die Hochschullandschaft beeinflusst, darunter Friedrich Weinbrenner, Heinrich Hübsch und Egon Eiermann. Ein fotografischer Streifzug zu alten und neuen Baumeistern, die nicht nur für den Campus entworfen haben.
"In welchem Style sollen wir bauen."
Publikation von 1828 von Heinrich Hübsch (1795–1863), Architekt und Baubeamter, nutzte für seine Bauten mit Vorliebe Ziegel
Die Tradition
In unserem Architekturfeature Stadt der Schichten haben wir den aktuellen Bauboom in Karlsruhe beschrieben. Dort beleuchteten wir die Nachkriegs- und Postmoderne sowie die Bauten ab 1990 bis heute. Bauen ist fester Teil der DNS dieser Stadt, die 1715 als barocke Planstadt gegründet und dessen Entfaltung maßgeblich von Baumeistern und Planern vorangetrieben wurde, die eines gemeinsam hatten: die Verbindung zur Hochschule und zu Akademien in Karlsruhe. Universität und Architekturfakultät wurden 1825 gegründet. Seitdem haben Architekten wie unter anderem Friedrich Weinbrenner, Heinrich Hübsch, Hermann Alker und Egon Eiermann eine wichtige Rolle gespielt.
Die Baumeister
Sie prägten die Hochschule, Aussehen und Struktur von Karlsruhe und nachfolgende Architektengenerationen. Alleine Friedrich Weinbrenner, der Planer des Rathauses und der Pyramide auf dem Marktplatz, hat über 100 Schüler ausgebildet, darunter Heinrich Hübsch, der Weinbrenner als Leiter der badischen Baudirektion folgte. Dieser wiederum beeinflusste Schüler und Kollegen mit seiner Philosophie, die effiziente Konstruktion, sinnliche Erscheinung und ganzheitliche Gestaltung verband. Karl Friedrich Schinkel in Berlin nahm sich an Hübsch’ Auffassung und dessen Ziegelarchitektur ein Beispiel.
Mit dem Karlsruher Architekten Hermann Reinhard Alker setzte ein weiterer Hochschullehrer mit dem Alker-Block ein Zeichen. Der Wohnblock war konservativ und modern zugleich, da er Elemente der Neuen Sachlichkeit mit den Grundformen der klassischen Blockrandbebauung verknüpfte. Zuvor hatte er mit der Tribüne des Hochschulstadions der TU eines seiner schönsten Projekte umgesetzt. Ein Ziegelsteinbau, der klar und sachlich wirkt und bei näherer Betrachtung in seiner detailverliebten Vielfalt überrascht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war es Egon Eiermann, der an der Universität seine Schule der modernen Architektur etablierte. Hier lehrte er fast ein Vierteljahrhundert lang. Er zählt zu den bedeutendsten Architekten der Nachkriegsmoderne in Deutschland. In den 1930er-Jahren wurde er durch den Bau moderner Villen bekannt. Nach 1945 realisierte er zahlreiche Projekte im Stil der Nachkriegsmoderne, z. B. die Weberei in Blumberg, den Deutschen Pavillon auf der Brüsseler Expo 1958 (mit Sep Ruf) und den Neubau der zerstörten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin.
Ab den 1960er-Jahren stieg die Zahl der Studierenden stark an, so dass es in der Hochschul-Architektur große Veränderungen gab. Neue Lehrstühle und Fakultäten mit neuen Forschungsgebieten kamen hinzu mit markanten Bauten wie z. B. die Türme der Chemischen Institute von Schmitt Kasimir Partner (Fertigstellung 1967) oder die Pädagogische Hochschule und die Fachhochschulbauten von Erich Rossmann, Anton Elsässer, Werner Groh, Theo Kause und Günther Seemann (1968) im Stil des Brutalismus.
Auch nach der Eiermann-Ära lehren und lehrten renommierte Professoren an der Universität, z. B. der niederländische Städteplaner Jo Coenen, der Schweizer Architekt Fritz Haller und Arno Lederer aus Stuttgart, der mit dem Büro Lederer Ragnarsdóttir Oei u. a. das Kaiserkarree (2011) und ein Wohn- und Geschäftshaus (2013) in Karlsruhe realisierte. Neue Projekte wie die Mensa von Jürgen Mayer H. (2006), der Multimediakomplex der Hochschule für Musik (2013) oder der Firmensitz von Weisenburger Bau von Pritzker-Preisträger Tadao Ando (im Bau) zeugen von der dynamischen Entwicklung in der Fächerstadt.
Die Fakultät für Architektur will weiterhin Wert auf eine breite, vielschichtige und zeitgemäße Lehre legen. So kooperiert man (teils seit Jahren) mit Kunst- und Kulturinstitutionen wie dem ZKM, der HfG Karlsruhe und der Erich-Schelling-Stiftung. Hinzu kommen über 50 internationale Partneruniversitäten in Europa und anderen Regionen. Grundsätzlich wird die Hochschullandschaft ein essentieller Bestandteil der Architekturzukunft Karlsruhe bleiben, gerade jetzt inmitten des Baubooms. Schließlich ist die Bau-DNS fester Teil der „Idealstadt“.
" … wie wichtig, für den Staat und die Individuen, die ächte Bildung des Baumeisters sey. Bei Aufführung des einfachsten Bauerhauses, wie des grössten Prachtgebäudes, ist Er die Seele des Baues, der Geist, der das Ganze, bis in die kleinsten Theile, forschend und ordnend durchdringen muss. Er wirkt, durch seine Werke, kräftiger und dauernder, als Wort und Schrift, auf Sitte und Geschmack, auf Wohlstand und physische Wohl des Volkes. Er arbeitet, wie irgend einer, für Bedürfniss, Bequemlichkeit, Lebensgenuss und Veredlung, auch für Achtung der Nation im Auslande. Enkel und Urenkel ernten, wo er säete."
Aus "Architektonisches Lehrbuch von Friedrich Weinbrenner, Grosherzogl. Badischem Oberbaudirektor", 1811
"Wer als Künstler die Baukunst gründlich studirt, muss geleitet werden, von den Anfangsgründen des geometrischen Zeichnens, der Optik und der Perspektiv, zu der Lehre von der Holz- und SteinConstruction, von dieser zu der Theorie der Säulen und Verzierungen, endlich zu den übrigen Details der Gebäude und zu ihrer Ausführung."
Aus "Architektonisches Lehrbuch von Friedrich Weinbrenner, Grosherzogl. Badischem Oberbaudirektor", 1811