Hannover. Deutschland. Sieben Bauten schuf der dänische Funktionalist Arne Jacobsen in Deutschland. Viele Bauwerke sind in einem beklagenswerten Zustand. Das frisch renovierte Arne-Jacobsen-Foyer in den Herrenhäuser Gärten zeigt, dass es sich lohnt sein bauliches Erbe anzunehmen.
Auch an gut besuchten Tagen findet sich in den Herrenhäuser Gärten immer ein Platz der Stille. Ein paradiesisches Grün, für jeden zugänglich. Ein Ort der Ruhe, umgeben von Graften, geschmückt mit goldenen Büsten und geschwungenem Grün, nur gezähmt von axial angelegten Hecken und Wegen. Die Anlage zählt zu den bedeutendsten noch erhaltenen Barockgärten Europas. Heute ist der Zugang kontrolliert. Die angespannte Sicherheitslage macht es leider nötig. Zudem wird viel Geld für die aufwendige Erhaltung der Anlage benötigt. Seit 2013 erstrahlt im Norden des Großen Gartens die Hülle des wiederauferstandenen klassizistischen Schlosses. Das Hamburger Büro JK – Jastrzembski Kotulla Architekten konnte den Wettbewerb im März 2010 für sich entscheiden. Seit der Bombardierung 1943 klaffte hier eine schmerzhafte Lücke. Jahrzehnte wurde über den Umgang mit der Brache diskutiert. Bereits in den 1950ern hatte Paul Bonatz Vorschläge erarbeitet. Der Traditionalist war einer der Hauptvertreter die Stuttgarter Schule und erklärter Gegner des Neuen Bauens. Zu seinen bedeutendsten Bauten zählen das Opernhaus in Ankara (1948), der Stuttgarter Hauptbahnhof (1911) und die Stadthalle Hannover (1914). Arne Jacobsens utopistisch anmutende Vision für die ausradierte Welfenresidenz war 1964 eine ganz andere. Eine gewaltige Sichtbetonplastik sollte den Blick auf die weitläufigen Gärten eröffnen. Sein dynamisches “Bella Vista” war all das, was sich Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht damals gewünscht hatte: ein abstraktes Schloss als skulpturales Tor und Tribüne zum Großen Garten. Zur Ausführung kam der Schalenbau aufgrund des heftigen Widerstandes leider nie.
Zu Jacobsens Gesamtkonzept anlässlich des 300. Geburtstags des Großen Gartens gehörten mehrere Bauten. Zur Ausführung kam 1966 allerdings nur ein bescheidener Pavillon aus Glas. Das nach ihm benannte kristalline Foyer stellt eine Verlängerung der westlich gelegenen Orangerie da. Es ist 48 Meter lang und 12,5 Meter breit. Die ebenerdigen Zugänge befinden sich an den Stirnseiten. Über Treppen gelangen Gäste auf eine tiefer und eine höher gelegene Ebene. Letztere besteht aus drei hintereinander geschalteten und mit Brücken verbundenen Plattformen. Ein geschickter Kniff, da dadurch natürliches Licht in beinahe jeden Winkel des Gebäudes fällt. Die Transparenz und Leichtigkeit seines unprätentiösen Gebäudes verstärkte Jacobsen durch eine fragil gestaltete Fassade. Die raumhohen Fassadenscheiben sind profillos gefügt und werden durch Glasschwerter gehalten. Auch die Ecken sind vollständig verglast. Die tragenden Stahlstützen versetzte er leicht nach innen. Einen besonders schönen Sonnenschutz bietet der historische Säulengang aus Gusseisen, der im Süden Orangerie, Foyer und Schloss entlang des prachtvoll gestalteten Blumengartens miteinander verbindet. Ohne sie hätte Jacobsen vermutlich selbst eine Pergola wie beispielsweise beim Rathausforum in Castrop-Rauxel oder beim Kurmittelhaus in Burgtiefe auf der Ostseeinsel Fehmarn gestaltet.
Seit 2017 erstrahlt das Arne-Jacobsen-Foyer frisch poliert und aufgemöbelt. Das Hannoveraner Büro Koch Panse Architekten renovierte das Bauwerk höchst sensibel in seiner äußeren Erscheinung kaum wahrnehmbar und passte das gläserne Gebäude zugleich an heutige Energie- und Klimastandards an. Das Arne-Jacobsen-Foyer kann heute als Veranstaltungsort gebucht werden und zeigt sehr anschaulich, wie die Revitalisierung deutscher Nachkriegsmoderne gelingen kann.